Bundesverfassungsgericht zu Grenzen gerichtlicher Aufklärung

Zwei Windenergieunternehmen sind vor dem Bundesverfassungsgericht mit ihren Verfassungsbeschwerden gescheitert. Das Gericht wies ihre Klagen als unzulässig zurück und forderte aber zugleich den Gesetzgeber zum Handeln auf (Az.: 1 BvR 2523/13 und 1 BvR 595/14 vom 23. 10.2018). In dem konkreten Fall wurden Genehmigungen für Windenergieanlagen versagt, weil die Behörden befürchteten, dass durch die Rotorblätter unter Artenschutz stehende Rotmilane getötet werden könnten. In den Gerichtsverfahren und durch die hinzugezogenen Gutachten konnte jedoch nicht vollständig geklärt werden, inwieweit dieses Tötungsrisiko für die Vögel tatsächlich besteht und wie hoch es einzuschätzen ist. In solchen Fällen, in denen die wissenschaftliche Erkenntnis an die Grenzen stößt, dürfen die Gerichte dem Sachverstand der Behörden vertrauen, bestätigte nunmehr auch das Bundesverfassungsgericht die gängige Praxis der Fachgerichte. „Stößt die gerichtliche Kontrolle nach bestmöglicher Aufklärung an die Grenze des Erkenntnisstandes naturschutzfachlicher Wissenschaft und Praxis, zwingt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG das Gericht nicht zu weiteren Ermittlungen, sondern erlaubt ihm, seiner Entscheidung insoweit die plausible Einschätzung der Behörde zu der fachlichen Frage zugrunde zu legen“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Dabei stellte es zugleich klar, dass der Gesetzgeber in „grundrechtsrelevanten Bereichen“ der Verwaltung und den Gerichten nicht ohne weitere Maßnahmen auf Dauer Entscheidungen in einem solchen fachwissenschaftlichen „Erkenntnisvakuum“ übertragen darf. Er muss dafür sorgen, dass Maßstäbe und Regeln geschaffen werden, um solche Entscheidungen treffen zu können. Abzuwarten bleibt, wie der Gesetzgeber hierauf reagieren wird.

Ansprechpartner für Fragen des Windenergierechts in unserer Praxis sind Rechtsanwalt Janko Geßner und Rechtsanwalt Dr. Jan Thiele.

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