BVerfG klärt Rechte der Bewerber im Berufungsverfahren um Professorenstelle – Entscheidungen Berliner Verwaltungsgerichte als verfassungswidrig kassiert

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 03.03.2014 der Verfassungsbeschwerde einer von DOMBERT Rechtsanwälte vertretenen Hochschullehrerin stattgegeben und Beschlüsse des VG Berlin und des OVG Berlin-Brandenburg in beamtenrechtlichen Konkurrenten-Eilverfahren aufgehoben, die gegen Art. 19 Abs. 4 und 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) verstießen (Aktenzeichen 1 BvR 3606/13). Die Hochschullehrerin hatte sich 2011 um eine Professorenstelle in Berlin beworben, wurde aber weder zu den Probevorträgen eingeladen noch bei der externen Begutachtung berücksichtigt. Vom Sekretariat des Fachbereichs erhielt sie eine Mitteilung, dass ihre Bewerbung im weiteren Berufungsverfahren nicht berücksichtigt werde. Als sie später vom Besetzungsvorschlag der Universität und der Ruferteilung durch die Senatsverwaltung für Wissenschaft erfuhr, erhob sie Klage bei dem Verwaltungsgericht mit dem Antrag, die Senatsverwaltung zu einer erneuten Berufungsentscheidung unter Berücksichtigung ihrer Bewerbung zu verurteilen. Über die Klage ist noch nicht entschieden. Nachdem die Universität die Absicht mitteilte, den ausgewählten Bewerber zum Professor zu ernennen, beantragte Sie eine einstweilige Anordnung, die der Universität dies untersagen sollte.

Vor dem Verwaltungsgericht Berlin hatte der Eilantrag keinen Erfolg (Beschluss vom 10.06.2013 – VG 5 L 122.13). Auch das Oberverwaltungsgericht Berlin–Brandenburg wies die Beschwerde der Hochschullehrerin zurück (Beschluss vom 05.12.2013 – 4 S 53.13). Beide Gerichte stellten darauf ab, dass schon gegen die Mitteilung der Universität über die Vernachlässigung ihrer Bewerbung hätte Klage erhoben werden müssen. Abweichend von der bisher in der Rechtswissenschaft und Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte vertretenen Auffassung hielten die Berliner Verwaltungsgerichte den Brief des Sekretariats für einen Verwaltungsakt, der unanfechtbar geworden sei. Damit fehle der Hochschullehrerin zugleich das Rechtsschutzbedürfnis, die Berufungsentscheidung der Senatsverwaltung anzugreifen.

Für das Bundesverfassungsgericht verstoßen die Entscheidungen der Berliner Gerichte gegen das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und den Anspruch auf eine ausschließlich leistungsbezogene Bewertung der Bewerbung um die Professorenstelle (Bewerbungsverfahrensanspruch, der aus Art. 33 Abs. 2 GG abgeleitet wird). Das Gericht habe überraschend eine Rechtsposition eingenommen, mit der nicht gerechnet werden musste. Auch hochschulrechtlich sei die Rechtsauffassung der Berliner Verwaltungsgerichte nicht mehr vertretbar. Erst die Berufungsentscheidung der Senatsverwaltung für Wissenschaft beende den Auswahlvorgang; nur gegen diese Entscheidung könnten die nicht ausgewählten Bewerbern gerichtlichen Rechtsschutz erlangen. Das durch die Hochschule vorbereitete Berufungsverfahren sieht eine Beteiligung mehrerer Gremien vor (Fachbereichsrat und zentrale Organe), so dass zum Zeitpunkt der Mitteilung des Fachbereichssekretariats noch nicht feststehen konnte, ob die Bewerbung nicht doch noch aufgegriffen wird. Weil die hierfür maßgebliche Auslegung des Grundgesetzes schon in anderen Entscheidungen geklärt war, hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts der Verfassungsbeschwerde innerhalb von nur 3 Monaten stattgegeben. Die Kammer hatte der Universität auf einen entsprechenden Antrag der Beschwerdeführerin hin bereits am 12.01.2014 untersagt, die Stelle zu besetzen. Der Rechtsstreit um den Erlass einer einstweiligen Anordnung muss nun vor dem Verwaltungsgericht Berlin fortgesetzt werden.

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