Corona-Krise: Öffentliche Bauaufträge geraten ins Stocken

Öffentliche Auftraggeber sind auch in Zeiten der Corona-Krise angehalten, Bauaufträge zu vergeben und Projekte voranzutreiben. Allerdings können Auftragnehmer immer öfter Terminvorgaben auf der Baustelle nicht einhalten, weil ihnen das Personal wegen behördlicher Verfügungen wie Einreiseverboten oder Quarantänemaßnahmen fehlt oder das erforderliche Baumaterial wegen unterbrochener Lieferketten nicht rechtzeitig geliefert wird. Öffentliche Auftraggeber stehen aber nicht nur vor dem Problem, dass ihre in Auftrag gegebenen Baumaßnahmen nicht rechtzeitig umgesetzt werden. Es bleiben auch Mitwirkungsleistungen von Architekten und Projektsteuerern aus, und Rechnungen können mangels Personals nicht im angemessenen Rahmen geprüft werden. Zudem drohen sogar Fördermittel zu verfallen, weil Bauvorhaben nicht rechtzeitig fertig werden.

„Für den öffentlichen Auftraggeber ist die Situation besonders prekär, weil er verpflichtet ist, Bauleistungen unter Einbeziehung der VOB zu vergeben. Danach werden Ausführungsfristen durch höhere Gewalt oder andere für den Auftragnehmer unabwendbare Umstände verlängert (§ 6 Abs. 2 Nr. 1c VOB/B). Die Vertragspartei gerät also nicht in Verzug und muss insoweit keinen Schadensersatz leisten“, erklärt Rechtsanwältin Dr. Janett Wölkerling.

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat in einem Erlass vom 23.03.2020 an das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung und an die Fachaufsicht führende Ebene der Länder festgestellt, dass die Corona-Krise grundsätzlich geeignet ist, den Begriff der „höheren Gewalt“ im Sinne der VOB/B zu erfüllen. Allerdings kann auch in dieser Ausnahmesituation eine ausbleibende Leistungserbringung nicht pauschal mit dem bloßen Hinweis auf die Corona-Pandemie und eine rein vorsorgliche Arbeitseinstellung gerechtfertigt werden. Das betrifft insbesondere die Fälle, in denen der Auftragnehmer schon bei der bisherigen Leistungserbringung Schwierigkeiten hatte. Vielmehr muss die betroffene Partei des Bauvertrags darlegen, warum sie ihre Leistung nicht erbringen konnte, etwa weil die Projektleitung unter Quarantäne gestellt wurde und die Leistungserbringung im Home-Office nicht möglich war.

„Öffentliche Auftraggeber sind daher gut beraten, entsprechende Anzeigen der Baufirmen sorgfältig zu prüfen und zurückzuweisen, wenn sie lediglich pauschal vorgebracht werden“, empfiehlt Rechtsanwalt Janko Geßner. Zudem sei bei der Gestaltung von Bauverträgen der öffentlichen Hand und deren Abschluss ein besonderes Augenmerk auf Nachunternehmerklauseln und Haftungsregelungen zu legen.

Ansprechpartner für alle Fragen des Vergaberechts in unserer Praxis sind Rechtsanwalt Janko Geßner und Rechtsanwältin Dr. Janett Wölkerling.

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