Der digitale Häuserkampf wird an den Stromzählern entschieden

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat am 09.02.2015 das Eckpunktepapier „Baustein für die Energiewende: 7 Eckpunkte für das ,Verordnungspaket Intelligente Netze‘“ veröffentlicht. Das Eckpunktepapier skizziert, mit welchen Maßnahmen die Umrüstung auf intelligente Stromzähler vorangetrieben werden soll. Es verspricht auch für Vermieter einige interessante Neuerungen.

Intelligente Zähler und digitale Tore

Intelligente Stromzähler und intelligente Messsysteme sind für das Gelingen der Energiewende essentiell. Im Gegensatz zu den konventionellen Drehstromzählern messen die neuen „smart meter“ nicht nur die verbrauchten Strommengen, sondern erlauben es auch festzustellen, zu welchen Zeiten wieviel Strom verbraucht wird. Bereits seit einigen Jahren wird diskutiert, inwiefern Netzbetreiber und Hauseigentümer gesetzlich verpflichtet werden sollen, auf intelligente Zäher umzurüsten. Wurde dieser „rollout“ der neuen Zähler jedoch zunächst mit dem Ziel verfolgt, für die Verbraucher mehr Transparenz über ihre individuellen Stromverbräuche zu schaffen (und damit Anreize zum Energiesparen zu geben), steht nunmehr die Bedeutung exakterer Verbrauchsdaten für die Stromnetze im Vordergrund.

Bislang standen neben den Umrüstungskosten vor allem datenschutzrechtliche Bedenken einer flächendeckenden Einführung der neuen Zähler entgegen. Mit der sogenannten Displaylösung kann zwar der einzelne Verbraucher seinen Stromverbrauch am Zähler selbst in Echtzeit verfolgen. Durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die zunehmend volatilen Stromeinspeisungen aus Wind und Sonne besteht jedoch auch für die Netzbetreiber ein erhöhter Steuerungsbedarf. Sie benötigen die Verbrauchsdaten, um besser prognostizieren zu können, zu welchen Zeiten Strom benötigt wird und welche Verbräuche – beispielsweise die Ladevorgänge für Elektromobile – möglicherweise verschoben werden können. In solchen intelligenten Netzen sollen später dann auch bestimmte Geräte eigenständig auf Strommarktsignale reagieren können und ihren eigenen Stromverbrauch entsprechend steuern.

Die Anforderungen und Einbaupflichten für intelligente Zähler sind derzeit jedoch nur rudimentär geregelt. Mit dem nun angekündigten Verordnungspaket „Intelligente Netze“ sollen drei weitere Rechtsverordnungen eingeführt werden, die den bestehende Rechtsrahmen weiter konkretisieren:

  • Eine Messsystemverordnung soll die technischen Vorgaben zu den Funktionen, zur technischen Sicherheit und zur Interoperabilität der Geräte enthalten;
  • Eine Datenkommunikationsverordnung soll regeln, welche Informationen von welchen Marktteilnehmern gespeichert, ausgetauscht und verwendete werden dürfen;
  • Eine „Rollout“-Verordnung soll den Zeit- und Fahrplan für die verpflichtende Einführung der intelligenten Zähler enthalten.

Die Ingenieure und Informatiker unter uns werden vor allem auf die Messsystemverordnung und auf die Datenkommunikationsverordnung gespannt sein dürfen. Für Vermieter dürfte die „Rollout-Verordnung“ interessant werden.

Denn es sind nicht allein die intelligenten Stromzähler, die mit dem Eckpunktepapier adressiert werden. Ziel des Verordnungsgebers ist es auch, durch die neuen Regelungen die Einführung spartenübergreifender intelligenter Messsysteme zu fördern: Die Stromverbrauchsdaten sollen gemeinsam mit anderen Verbrauchsdaten, wie insbesondere von Gas, Heizung und Wasser, gebündelt und zur Fernauslesung bereit gestellt werden. Dies geschieht über die Einrichtung von sogenannten Gateways. Bei den Gateways – auf Deutsch etwa „Tore“ oder „Einfahrten“ – handelt es sich gewissermaßen um Hochsicherheitsmodems, die als digitales Tor der Messdienstleister in die einzelnen Häuser fungieren. Sie werden in Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen.

Spagat der Vermieter

Eine flächendeckende Einbaupflicht für alle Hauseigentümer ist nach dem Eckpunktepapier so schnell jedoch nicht vorgesehen. Vielmehr soll die Umrüstung grundsätzlich gestuft erfolgen. Zunächst sollen all jene Verbraucher zum Einbau intelligenter Stromzähler verpflichtet werden, deren Verbrauch so hoch und flexibel ist, dass Kosten und Nutzen in einem akzeptablen Verhältnis stehen. Dabei wird die maßgebliche Schwelle schrittweise immer weiter abgesenkt. Die Untergrenze soll auch in Zukunft bei 6.000 kWh liegen, sodass private Haushalte in der Regel nicht von der Einbaupflicht erfasst werden.

Die neuen Regeln sollen es Messstellenbetreibern und Hauseigentümern aber auch erleichtern, die Immobilien freiwillig mit intelligenten Zählern und digitalen Toren auszustatten und damit fit für die digitale Zukunft zu machen. So soll die Gateway-Administration grundsätzlich Sache des Betreibers der Stromzähler sein. Spartenübergreifende Bündelangebote für die Messdienstleistungen sollen gefördert werden, indem etwa unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht auf Einrichtung gemeinsamer Gateways eingeführt wird und die unterschiedlichen Messdienstleistungsverträge harmonisiert werden. Auch wird erwogen, Mietern ein Aufforderungsrecht gegenüber ihren Vermietern auf Einholung solcher spartenübergreifender Bündelangebote zu geben.

Vermieter kann dieser Spagat zwischen Energierecht und Mietrecht vor erhebliche Herausforderungen stellen. Denn sie haben nicht nur die energierechtlichen Ansprüche ihrer Mieter zu beachten, sondern unterliegen auch dem mietrechtlichen Gebot der Wirtschaftlichkeit. Das Betriebskostenrecht und insbesondere die Heizkostenverordnung enthalten zudem sehr enge Vorgaben zur Umlagefähigkeit und zur Zuordnung der einzelnen Betriebskosten. So hat allein die Umrüstung der Heizkostenverteiler auf funkbasierte Systeme in der Vergangenheit vielfach die Gerichte beschäftigt. In komplexeren Gebäuden ist es heute schon nur schwer möglich, allen Anforderungen des Betriebskostenrechts und der Heizkostenverordnung gerecht zu werden.

Eine Erleichterung der vom Vermieter initiierten Umrüstung scheint daher in der Tat angebracht. Dass der bestehende Rechtsrahmen nicht immer ausreicht, zeigt beispielsweise auch § 21b Abs. 5 EnWG. Nach dieser Regelung kann zwar auch der Vermieter das Recht des Mieters zur Wahl seines Messstellenbetreibers ausüben. Damit sollte es dem Vermieter eigentlich ermöglicht werden, gesamte Liegenschaften mit neuen Zählern ausstatten zu lassen. Die Ausübung des Auswahlrechts durch den Vermieter setzt jedoch voraus, dass alle Mieter zuvor ausdrücklich zustimmen. Der Vermieter müsste also alle Mieter individuell anschreiben und um Zustimmung bitten. Das ist ein administrativer Aufwand, der insbesondere von vielen institutionellen Vermietern, die mitunter mehrere tausend Mietwohnungen verwalten, bislang gescheut wird.

Es bleibt daher mit Spannung abzuwarten, wie die neuen Regelungen, die durch das Eckpunktepapier „Intelligente Netze“ skizziert werden, konkret aussehen werden. Das BMWi strebt an, das Verordnungspaket dem Bundeskabinett noch vor der Sommerpause zur Beschlussfassung vorzulegen. Die neuen Einbaupflichten sollen frühestens ab 2017 gelten, die Regelungen zur Erleichterung der freiwilligen Umrüstung werden aller Voraussicht nach jedoch schon eher in Kraft treten.

 

Die Projektkanzlei Lange berät gleichermaßen Vermieter und Messstellenbetreiber bei der Einführung neuer Messsysteme. Von unseren Erfahrungen aus der Praxis werden wir auf diesen Seiten regelmäßig berichten.

 

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