Ein Dienstvorgesetzter darf einen Richter grundsätzlich zu einer ordnungsgemäßen, unverzögerten Erledigung der Amtsgeschäfte ermahnen und ihm eine ordnungswidrig verzögerte Ausführung vorhalten. Das hat das Dienstgericht des Bundes bei dem Bundesgerichtshof (BGH) im Streit um das Arbeitstempo eines Freiburger Richters entschieden. Er hob damit das Urteil der Vorinstanz auf und verwies die Sache zurück an das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart (Az.: RiZ (R) 1/15, 2/15 und 3/15). Der Richter konnte nur erheblich weniger Erledigungen als seine Kollegen vorweisen. Das hatte auch eine Sonderprüfung des Dienstvorgesetzten bestätigt. Dagegen und gegen die nachfolgende Ermahnung wehrte sich der Richter. Er sah darin einen Angriff auf seine richterliche Unabhängigkeit. Vor dem BGH errang er nun einen Teilerfolg. Denn nach Auffassung des BGH wird die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt, „wenn dem Richter direkt oder indirekt ein Pensum abverlangt wird, welches sich allgemein, also auch von anderen Richtern, sachgerecht nicht mehr bewältigen lässt“, so die Pressemitteilung des BGH. Der Dienstgerichtshof für Richter beim OLG Stuttgart muss jetzt aufklären, was von anderen Richtern sachgerecht zu bewältigen ist.
„Dienstrechtliche Streitigkeiten der Beamten und auch Streitigkeiten vor den Richterdienstgerichten um die Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit nehmen zu – jahrelange Sparrunden hinterlassen ihre Spuren bei Richtern und Justizbediensteten“, beobachtet auch Rechtsanwalt Prof. Dr. Klaus Herrmann. „Die vom BGH aufgezeigte Grenze, wann die Unabhängigkeit des einzelnen Richters durch eine fachliche Überlastung gefährdet wäre, wird in der Praxis wohl nur selten überschritten. Aber auch Einzelfälle, in denen über dürftige Arbeitsleistungen von Richtern gestritten wird, können nicht vom enormen Personalbedarf der Justiz ablenken.“
Ansprechpartner für Fragen des richterlichen Dienstrechts in unserer Praxis ist Rechtsanwalt Prof. Dr. Klaus Herrmann.
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