Isolierte Anfechtbarkeit von Untersuchungsanordnungen im Zurruhesetzungsverfahren

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass Untersuchungsanordnungen, mit denen die Dienstfähigkeit im Rahmen eines Zurruhesetzungsverfahrens festgestellt werden soll, isoliert angefochten werden können (Az.: OVG 4 S 6/21 vom 11.06.2021). Damit gab das Gericht seine bisherige Rechtsprechung auf und wich zugleich von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab.

Der Entscheidung lag ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren zugrunde, in dem sich ein Beamter gegen eine psychiatrische Untersuchungsanordnung wandte. Bereits in erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht zugunsten des Beamten entschieden.

Das OVG stützte sich in seiner Argumentation auf eine jüngere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 2 BvR 652/20 vom 13.05.2020). Darin führten die Bundesverfassungsrichter aus, dass die strengen inhaltlichen Anforderungen an die Untersuchungsanordnung gerade dazu dienten, dem Anspruch des Beamten auf effektiven Rechtschutz bereits vor dem Untersuchungstermin gerecht zu werden. Dies würde jedoch unterlaufen, wenn dem Beamten isolierter, vorläufiger Rechtsschutz gegen die Untersuchungsanordnung versagt wäre.

Allein der nachgelagerte Rechtsschutz gegen die Zurruhesetzungsverfügung führe nicht dazu, dass ein verhältnismäßiger Ausgleich zwischen dem Anspruch des Beamten auf effektiven Rechtschutz einerseits und dem Interesse an der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der besonderen Pflichtenstellung des Beamten andererseits herbeigeführt werde. Abzuwarten bleibt, ob sich in Zukunft auch das Bundesverwaltungsgericht dieser Auffassung anschließen und von seiner bisherigen Rechtsprechung abweichen wird.

Ansprechpartner für Fragen des öffentlichen Dienstrechts in unserer Praxis sind die Rechtsanwälte Prof. Dr. Klaus Herrmann und Dr. Stephan Bernd sowie die Rechtsanwältinnen Christin Müller, Kristina Gottschalk und Sophia von Hodenberg.

« zurück