Kein vereinfachtes Verfahren für Bauvorhaben im Außenbereich

Freiflächen außerhalb eines Siedlungsbereichs einer Gemeinde dürfen nicht im beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung überplant werden. Die entsprechende Vorschrift im Baugesetzbuch (§ 13b Satz 1 BauGB) sei mit dem Unionsrecht unvereinbar, entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und erklärte damit den Bebauungsplan für ein Neubaugebiet im Rhein-Neckar-Kreis für unwirksam (Az.: 4 CN 3.22 vom 18.07.2022).

Das Unionsrecht verlange eine Umweltprüfung für alle Pläne, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hätten. Ob dies der Fall sei, würden die Mitgliedstaaten für die Pläne entweder durch Einzelfallprüfung, Artfestlegung oder eine Kombination dieser Ansätze bestimmen. Der nationale Gesetzgeber habe sich mit § 13b BauGB für eine Artfestlegung entschieden. Diese müsse nach der Rechtsprechung des zur Auslegung des Unionsrechts berufenen Europäischen Gerichtshofs gewährleisten, dass erhebliche Umweltauswirkungen in jedem Fall von vornherein ausgeschlossen seien. „Der Gesetzgeber darf sich folglich nicht mit einer typisierenden Betrachtungsweise oder Pauschalierung begnügen“, heißt es in der Pressemitteilung des BVerwG. Diese Anforderungen erfülle die Norm § 13b Satz 1 BauGB aber nicht. Die Tatbestandsvoraussetzungen – Flächenbegrenzung, Beschränkung auf Wohnnutzung sowie Anschluss an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil – seien nicht geeignet, erhebliche Umwelteinwirkungen in jedem Fall von vornherein auszuschließen.

Die Entscheidung ist ein Paukenschlag. Sie kann sich in ganz erheblichem Maß auf Kommunen auswirken, denn bundesweit haben sehr viele Städte und Gemeinden bisher bei der Aufstellung von Bebauungsplänen von dem vereinfachten Verfahren Gebrauch gemacht, um zügig Wohnfläche im Außenbereich auszuweisen. „Die Rechtsunsicherheit, die mit dieser Entscheidung erzeugt wird, ist leider groß, weil sich die Kommunen nun Fragen, was mit ihren Bebauungsplänen passiert “, sagt Rechtsanwalt Tobias Roß. Eine pauschale Antwort auf diese Frage gebe es nicht – ebenso wenig, wie ein einziges Patentrezept, wie mit dem Urteil umzugehen sei. „Es kommt vielmehr für die richtige und angemessene Reaktion auf die konkrete Situation in der jeweiligen Kommune an“, so Roß. Fest steht unterdessen: Die Ausweisung von Wohnflächen im bisherigen Außenbereich wird für die Kommunen nach dieser Entscheidung komplizierter.

Ansprechpartner für alle Fragen des öffentlichen Baurechts in unserer Praxis ist Rechtsanwalt Dr. Maximilian Dombert und zu rechtlichen Fragen der Umweltverträglichkeitsprüfung Rechtsanwalt Tobias Roß.

 

« zurück