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Kommt der Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung für Grundschulkinder?

Der Gesetzgeber will die Lücke bei der Ganztagesbetreuung schließen. Künftig sollen nicht nur Kinder in Kindertagesstätten, sondern auch in der Grundschule ganztägig gefördert und betreut werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat der Bundestag am 11.06.2021 verabschiedet. Er sieht einen bedarfsunabhängigen Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung von mindestens acht Stunden am Tag für jedes Kind ab der ersten bis zum Beginn der fünften Klassenstufe vor. Er soll für die Kinder gelten, die ab dem Schuljahr 2026/2027 die erste Klassenstufe besuchen. Der Anspruch soll dann stufenweise auf die folgenden Klassenstufen erweitert werden, so dass ab dem Schuldjahr 2029/2030 alle Schulkinder von der ersten bis zur vierten Klassenstufe ganztägig betreut werden können. Dieser Betreuungsanspruch gilt nicht nur in den Schulzeiten, sondern auch in den Ferien und auch für die Sommerferien nach der vierten Klasse.

Uneinheitliches Angebot

Während der Anspruch auf Betreuung in einer Kindertageseinrichtung ab Vollendung des ersten Lebensjahrs schon seit dem 01.08.2013 im ganzen Bundesgebiet existiert, ist der Anspruch auf Ganztagesbetreuung von Grundschulkindern bisher nur in einigen Bundesländern gesetzlich verankert. Hierzu zählen Brandenburg, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Dabei gibt es unterschiedliche Betreuungsangebote für Grundschulkinder. Am weitesten verbreitet sind Horte und (teil-)gebundene und offene Ganztagsschulen – mit unterschiedlichen Angeboten und Betreuungszeiten. Nun will der Gesetzgeber die bestehenden Unterschiede abschaffen und für gleichwertige Verhältnisse im gesamten Bundesgebiet sorgen. Vor allem benachteiligte Kinder sollen eine bessere Teilhabechance erhalten und Schülerinnen und Schülern besser individuell gefördert werden.

Die angestrebte Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder wird aber wahrscheinlich nicht allein durch den Ausbau von Ganztagsschulen umgesetzt werden können. Vielmehr werden freie oder kommunale Träger von Kindertagesbetreuungseinrichtungen mitwirken müssen, um dieses Ziel zu erreichen: Neue Horte in freier oder kommunaler Trägerschaft müssen gebaut und bestehende Einrichtungen erweitert werden. Der Gesetzesentwurf sieht daher bereits vor, dass die Finanzhilfen des Bundes für den Ausbau der Betreuungsangebote auch für Einrichtungen in freier Trägerschaft verwendet werden können.

Darüber hinaus muss auch geklärt werden, wie die laufende Finanzierung der Einrichtungen zwischen den Standortkommunen beziehungsweise den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und den freien Trägern erfolgen soll. Der Gesetzesentwurf sieht zwar auch Finanzierungsregelungen für laufende Betriebs- und Personalkosten vor, diese betreffen jedoch bislang nur die Verteilung der finanziellen Belastung zwischen Bund und Ländern. Wie aber beispielsweise Angebote freier Träger refinanziert werden, ist derzeit ungeklärt. Diese Regelung bleibt den Ländern überlassen.

Finanzierung noch ungeklärt

Sollten sich Bund und Länder die Kosten je zur Hälfte teilen, könnte aber eine Finanzierungslücke bei den freien Trägern drohen. Angesichts leerer Kassen in vielen Ländern, muss bezweifelt werden, ob sie die finanzielle Mehrbelastung, die durch den Ausbau der Ganztagsbetreuung entsteht, wirklich stemmen können. In solch einem Fall kann es leicht dazu kommen, dass die Kosten auf die freien Träger abgewälzt werden. So könnten beispielsweise einige Länder Eigenanteile von freien Trägern fordern. Schon jetzt hat der Bundesrat gefordert, dass Finanzierungsanteile Dritter, also insbesondere Eigenanteile freier Träger, beim Kofinanzierungsanteil der Länder berücksichtigt werden müssen. Der Streit über die Finanzierungsanteile zwischen Bund und Länder könnte sogar noch dafür sorgen, dass der Anspruch auf Ganztagesbetreuung für Grundschulkinder nicht wie geplant umgesetzt wird. Der Bundesrat hat jedenfalls dem Gesetzentwurf nicht zugestimmt, sondern den Vermittlungsausschuss angerufen. Bund und Länder müssen sich nun bis zur Bundestagswahl am 26.09.2021 einigen, sonst ist das Gesetz – zumindest vorerst – gescheitert.

 

Meine Empfehlungen:

  • Der Ausbau der Ganztagesbetreuungsangebote und die Schaffung eines bundeseinheitlichen Anspruchs auf Betreuung bis zum Übergang in die 5. Jahrgangsstufe ist wichtig, um die bestehenden unterschiedlichen Betreuungssituationen im Bundesgebiet auszugleichen und so allen Kindern gleiche Chancen bieten zu können.
  • Die Umsetzung der Ganztagesbetreuung von Grundschulkindern wird nicht ohne den Ausbau bestehender oder der Schaffung neuer Betreuungsangebote durch freie Träger möglich sein.
  • Zur Sicherstellung der Finanzierung der laufenden Betriebs- und Personalkosten wäre eine Erhöhung des Kofinanzierungsanteils des Bundes und somit eine Entlastung der Bundesländer wünschenswert.
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