LSG Essen stärkt Trägervielfalt bei sozialen Dienstleistungen

Die Schulbegleitung für behinderte Kinder darf nicht ausgeschrieben werden. Das hat jetzt das Landessozialgericht (LSG) Essen in einem Eilverfahren entschieden (Az.: L 9 SO 12/22 B ER vom 26.01.2022). Es handelt sich um eine soziale Dienstleistung, die nicht dem formellen Vergaberecht unterliegt. Das Gericht stützte seine Entscheidung maßgeblich darauf, dass im Recht der Eingliederungshilfe der Grundsatz der Trägervielfalt gelte. Dieser findet aber keine hinreichende Berücksichtigung, wenn das formelle Vergaberecht angewandt wird. Denn das Ziel, das beste Angebot im Wege des Vergabeverfahrens herauszufinden, ist stets mit einer Konzentration von Leistungen verbunden. Doch nur durch ein möglichst verschiedenartiges Hilfsangebot könne dem ebenfalls gesetzlich verankerten Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsempfänger entsprochen werden.

In dem vorliegenden Fall hatte sich ein Wohlfahrtsverband im Eilverfahren dagegen gewehrt, dass in Düsseldorf die Trägerschaft von Schulbegleitungen öffentlich ausgeschrieben wird. Das habe dazu geführt, dass andere Anbieter kaum noch und nur auf besonderen Wunsch der Eltern oder bei besonderen Umständen beauftragt würden. Die LSG-Entscheidung wirkt zunächst vorläufig, bis über die Klage im Hauptsacheverfahren entschieden wird.

Interessant ist sie auch unter einem anderen Aspekt: Jüngst hat sich die Rechtsprechung auch mit der Frage beschäftigt, ob bei der Vergabe von Kitas an freie Träger das Vergaberecht angewandt werden muss (zum Blog-Beitrag). Die Argumentation des LSG Essen ist durchaus auf das hier anzuwendende Kinder- und Jugendhilferecht übertragbar. Auch hiernach sind das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern sowie der Grundsatz der Trägervielfalt als wesentliche Strukturprinzipien zu beachten.

Ansprechpartnerinnen für Fragen des Kita- und Schulrechts in unserer Praxis sind die Rechtsanwältinnen Dr. Beate Schulte zu SodingenFranziska Wilke, Luisa Wittner und Juliane Meyer.

 

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