Rückforderung der EEG-Einspeisevergütung beschäftigt weiterhin die Gerichte

Für Betreiber von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) kann es richtig teuer werden: Wer eine PV-Anlage betreibt, muss seine Anlage nicht nur beim örtlichen Netzbetreiber, sondern auch bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) melden. Solange diese Meldung bei der BNetzA noch nicht erfolgt ist, hat der Anlagenbetreiber keinen Anspruch auf Zahlung der Vergütung, die das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für die Einspeisung des PV-Stroms eigentlich vorsieht. Hat der Anlagenbetreiber in der Vergangenheit trotzdem die volle EEG-Vergütung erhalten, so muss der Netzbetreiber die zu viel gezahlte Vergütung vom Anlagenbetreiber grundsätzlich zurückverlangen.

Erste gerichtliche Entscheidung

Das Landgericht Itzehoe hat mit Urteil vom 01.10.2015 (Az. 6 O 122/15) nun einen solchen Fall erstmals gerichtlich entschieden. In dem vom Landgericht Itzehoe entschiedenen Fall weigerte sich der betroffenen Anlagenbetreiber – ein Landwirt mit einer vergleichsweise großen PV-Anlage –, die vom Netzbetreiber geforderte Rückzahlung zu leisten. Netzbetreiber und Anlagenbetreiber stritten um rund 770.000 € Einspeisevergütung. Das Gericht gab dem Netzbetreiber Recht und verurteilte den Landwirt zur Rückzahlung. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, der beklagte Landwirt hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.

In seiner Urteilsbegründung folgt das Landgericht Itzehoe im Wesentlichen der Argumentation des Netzbetreibers:

  • Der Anlagenbetreiber habe nur dann einen Anspruch auf die volle Vergütung der von ihm eingespeisten Strommengen, wenn er seiner gesetzlichen Pflicht zur Meldung der Anlage bei der BNetzA tatsächlich nachgekommen ist.
  • Für Anlagen, die nach dem 01.01.2012 in Betrieb genommen, aber nicht bei der BNetzA gemeldet worden sind, sei der Vergütungsanspruch zunächst auf den Marktwert reduziert gewesen. Diese Regelung habe für den PV-Strom gegolten, der zwischen der Inbetriebnahme und dem 31.07.2014 trotz fehlender Meldung eingespeist wurde. Da der tatsächliche Marktwert des PV-Stroms durchgehend geringer war als der gesetzliche Einspeisetarif, habe der Anlagenbetreiber zu viel EEG-Vergütung erhalten.
  • Mit der Änderung des EEG zum 01.08.2014 sei die Reduzierung der Einspeisevergütung dahingehend noch verschärft worden, dass das Gesetz nunmehr eine Reduzierung „auf Null“ vorsehe. Der Anlagenbetreiber solle für den eingespeisten Strom im Ergebnis keine Einspeisevergütung erhalten, solange die Anlage noch nicht bei der BNetzA gemeldet ist.
  • Eine rückwirkende Meldung der Anlage bei der BNetzA sei nicht möglich. Die gesetzlich angeordnete Reduzierung der Einspeisevergütung auf den Marktwert bzw. auf Null sei eine Sanktion für pflichtwidriges Verhalten der Anlagenbetreiber. Anlagenbetreiber seien zur Meldung ihrer Anlage bei der BNetzA verpflichtet, weil nur mit Hilfe dieser Daten der Umlagemechanismus des EEG wie vorgesehen funktionieren könne.
  • Der Netzbetreiber sei gesetzlich zur Rückforderung der zu viel geleisteten Vergütung sogar verpflichtet. Denn die zurückgezahlten Beträge kämen nicht dem Netzbetreiber zugute. Sie würden vielmehr Eingang finden in das Umlageverfahren nach dem EEG und kämen somit letztlich allen Stromverbrauchern zugute.
  • Ausdrücklich offen gelassen hat das Gericht hingegen die Frage, ob dem Netzbetreiber aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen Netzbetreiber und Anlagenbetreiber die Nebenpflicht treffe, den Anlagenbetreiber über dessen Meldepflichten aufzuklären. Denn in dem entschiedenen Fall habe der Netzbetreiber den Anlagenbetreiber mit einem Formblatt, das in den Unterlagen zum Anschluss der Anlage enthalten war, ausreichend über die Pflicht zur Meldung der Anlage bei der BNetzA informiert.

Besonders bitter für den betroffenen Landwirt: Die hohe Rückforderung resultiert in diesem Fall nicht allein aus der unterbliebenen Meldung des Anlagenbetreibers. Vielmehr hat der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber jahrelang fälschlicherweise viel zu viel Einspeisevergütung – rund 570.000 € – ausgezahlt, da der Netzbetreiber die zu Grunde gelegte Einspeisemenge falsch berechnet hatte. Erst als der Netzbetreiber seinen Fehler bemerkte und sich der Anlagenbetreiber weigerte, den Differenzbetrag zurückzuzahlen, fiel dem Netzbetreiber auch auf, dass die Anlage noch gar nicht bei der  BNetzA gemeldet war.

Die Politik schaltet sich ein

Das Urteil des Landgerichts Itzehoe gab Anlass dafür, dass die Frage der Rechtmäßigkeit etwaiger Rückforderungen der Netzbetreiber erneut auch den Bundestag beschäftigt. Mit einer „Kleinen Anfrage“ vom 26.10.2015 (Bundestags-Drucksache 18/6535) will die Fraktion DIE LINKE von der Bundesregierung unter anderem wissen, wie viele Anlagen betroffen sind, warum sich die Rückforderungen derzeit auf das Netzgebiet der Schleswig-Holstein Netz AG konzentrieren und welche Maßnahmen ergriffen wurden, um Meldeversäumnisse zu verhindern. Von ca. 1.600 ähnlich gelagerten Rückforderungen des Netzbetreibers ist  die Rede. Dabei wird auch die Frage in den Raum gestellt, ob die Netzbetreiber nicht eine Mitschuld an den Meldeversäumnissen der Anlagenbetreiber treffe?

Die Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage vom 26.10.2015 steht noch aus. Die Bundesregierung musste sich allerdings im Januar 2015 schon einmal zu Rückforderungen der Netzbetreiber wegen unterbliebener Meldung äußern (wir berichteten). In der Antwort der Bundesregierung vom 26.01.2015 (Bundestags-Drucksache 18/3820) vertritt die Bundesregierung die Ansicht, dass die gesetzlich geregelte Sanktion von Meldeversäumnissen im Grundsatz angemessen sei. Die Verantwortlichkeit für die Meldung liege beim Anlagenbetreiber. Der Netzbetreiber sei nach dem EEG und nach der Anlagenregisterverordnung grundsätzlich auch nicht verpflichtet, Anlagenbetreiber auf ihre Meldepflicht hinzuweisen.

Die Bundesregierung hat allerdings auch darauf hingewiesen, dass Netzbetreiber nach dem EEG sehr wohl verpflichtet seien, die Anspruchsvoraussetzungen und die konkrete Förderhöhe bei der Zahlung von EEG-Vergütung zu überprüfen. „In diesem Kontext muss auch geprüft werden, ob die Übermittlung der erforderlichen Daten an das Photovoltaik-Meldeportal bzw. seit 1. August 2014 das Anlagenregister erfolgt ist“, so die Bundesregierung. Die Bundesregierung wollte sich jedoch nicht dazu bekennen, inwieweit Anlagenbetreiber aus einer solchen Pflichtverletzung des Netzbetreibers einen Gegenanspruch gegen den Netzbetreiber ableiten können. Dies zu klären, sei Sache der Zivilgerichte.

Viele Fragen offen

Die Schleswig-Holstein Netz AG verweist in den Auseinandersetzungen mit den Anlagenbetreibern nunmehr gebetsmühlenartig auf das Urteil des Landgerichts und auf die Rechtsauffassung der Bundesregierung. Aber ist mit der Antwort der Bundesregierung vom 26.01.2015 und mit dem Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 01.10.2015 nun wirklich alles geklärt? – Nein.

Denn zum einen ist das Urteil des Landgerichts Itzehoe, wie gesagt, noch nicht rechtskräftig. Das Oberlandesgericht, das über die Berufung zu entscheiden hat, könnte durchaus zu einer gegenteiligen Auffassung gelangen. Schließlich hat selbst die Bundesregierung sich nicht klar dazu bekennen können, inwiefern den Anlagenbetreibern möglicherweise einen Schadensersatzanspruch gegen den Netzbetreiber zusteht.

Zum anderen sind beim Landgericht Itzehoe noch weitere ähnliche Verfahren rechtshängig, bei denen das Landgericht möglicherweise selbst zu einem anderen Urteil kommt. Das erscheint nicht ausgeschlossen. Denn im Kern geht es in all diesen Verfahren zwar um die Frage, inwiefern der Netzbetreiber sich nicht früher vom Anlagenbetreiber die Meldung hätte bestätigen lassen müssen. Ob der Netzbetreiber seine eigenen Pflichten ausreichend erfüllt hat und ob der Anlagenbetreiber möglicherweise einen Gegenanspruch gegen den Netzbetreiber hat, hängt aber von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.

Unterschiede in den Umständen der Meldeversäumnis gibt es viele. Das EEG wurde im Jahr 2012 gleich mehrfach geändert und zum Teil – wegen redaktioneller Fehler in diesen Gesetzgebungsverfahren – sogar rückwirkend vom Gesetzgeber korrigiert. Daher kann es durchaus entscheidend sein, zu welchem Zeitpunkt die betreffende PV-Anlage in Betrieb genommen worden ist und wie die Unterlagen, die der Netzbetreiber zum Anschluss der Anlage verwendet hat, konkret ausgesehen haben. Mitunter kamen die Netzbetreiber und die BNetzA den Gesetzesänderungen selbst nicht rechtzeitig hinterher. Warum sollen nun die Anlagenbetreiber allein die Leidtragenden dieser Malaise sein?

Zudem wird häufig übersehen, dass Netzbetreiber und Anlagenbetreiber in vielen Fällen nicht nur in dem vom EEG statuierten gesetzlichen Schuldverhältnis stehen. Häufig ist der Netzbetreiber zugleich auch Messdienstleister und Abrechnungsdienstleister, was für den Netzbetreiber weitergehende Pflichten begründet. Hieraus kann sich auch ein Gegenanspruch des Anlagenbetreibers gegen den Netzbetreibers ergeben, der außerhalb des EEG-Ausgleichsmechanismus zu verorten ist.

Jeder Fall sollte genau geprüft werden

Aus unserer eigenen Beratungspraxis wissen wir, dass eine Vielzahl von Anlagenbetreiber von den Rückforderungen betroffen ist. Bislang sind zwar nur Rückforderungen der Schleswig-Holstein Netz AG bekannt geworden. Es deutet sich allerdings an, dass weitere Netzbetreiber nachziehen könnten. So haben uns bereits Anfragen von Anlagenbetreibern außerhalb des Netzgebietes der Schleswig-Holstein Netz AG erreicht, die nun von ihrem Netzbetreiber erstmals zur Vorlage der Meldebestätigung der BNetzA aufgefordert worden sind.

Zudem sind nicht mehr nur Landwirte oder andere Betreiber von vergleichsweise großen PV-Anlagen betroffen. Mittlerweile werden auch Eigenheimbesitzer mit deutlich kleineren PV-Anlagen von der Schleswig-Holstein Netz AG zur Rückzahlung der Vergütung aufgefordert, wenn die Anlagen nicht bei der BNetzA gemeldet worden waren.

Den Betroffenen ist zu raten, genau zu prüfen, wie es zu dem Meldeversäumnis gekommen ist: Wann ist die Anlage in Betrieb genommen worden? Welche Fassung des EEG galt zu diesem Zeitpunkt? Und was haben die Unterlagen des Netzbetreibers hierzu ausgesagt?

Kann dem Netzbetreiber eine eigene Pflichtverletzung vorgeworfen werden, hat der Betreiber der PV-Anlage möglicherweise einen Gegenanspruch gegen den Netzbetreiber. Dieser Gegenanspruch kann auch dann noch bestehen, wenn der Betroffene die Forderung des Netzbetreibers bereits beglichen hat. Daher sollten auch all jene Anlagenbetreiber ihre Unterlagen noch einmal genau prüfen, die auf die Forderung des Netzbetreibers bereits gezahlt haben. Möglicherweise können sie das Gezahlte ihrerseits wieder – aus einem anderen Rechtsgrund – zurückverlangen.

 

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Ein Kommentar zu “Rückforderung der EEG-Einspeisevergütung beschäftigt weiterhin die Gerichte”

  1. Auch ich bin von einer Rückforderung der EEG Einspeisevergütung der Schl.-Holst. Netz AG betroffen.Auf eine Einschaltung der Clearingstelle EEG meinerseits hat die Netz AG leider nicht reagiert.Ich bin Betreiberin einer kleinen PV Anlage seit dem 17.04 2012 und nutze den erzeugten Strom auch selbst. Ich habe versäumt meine Anlage der Bundesnetzagentur rechtzeitig zu melden., ohne die daraus entstehenden Folgen zu kennen.Meines Erachtens hat aber auch die NetzAG ihre Sorgfaltspflicht verletzt, indem sie 3 Jahre eine Abrechnung gemacht hat,ohne zu bemerken, daß die Voraussetzungen dafür fehlen.Nach einigen Widersprüchen meinerseits bekam ich jetzt einen Mahnbescheid des Amtsgerichts Schleswig .Ich sehe mich nun gezwungen der Hauptforderung,den Verfahrenskosten und den Zinsen nachzukommen und zu zahlen, um die Kosten für mich nicht noch höher werden zu lassen.Ich werde unter Vorbehalt zahlen, in der Hoffnung, daß sich die Gerichte weiterhin mit dieser Angelegenheit beschäftigen und es zu einer Klärung kommt.

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