Der Güterverkehr soll verstärkt von der Straße auf die Schiene verlagert werden. So lautet ein wichtiges Ziel klimafreundlicher Verkehrspolitik. Um umweltfreundliche Verkehrsprojekte schneller realisieren zu können, wurden im März 2020 gleich zwei Gesetze zur Planungsbeschleunigung verabschiedet. Besonders häufig wurde das Gesetz zur Vorbereitung der Schaffung von Baurecht durch Maßnahmengesetz im Verkehrsbereich (Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz) diskutiert. Für zwölf ausgewählte Infrastrukturprojekte von umwelt- und klimapolitischer Bedeutung, darunter etwa der Ausbau der Eisenbahnstrecke Magdeburg-Halle oder des Nord-Ostsee-Kanals, soll die Genehmigung per Gesetz erteilt werden können. Das stellt deswegen eine Besonderheit dar, weil öffentliche Infrastruktur-, nicht anders als private Bauvorhaben, in der Regel per Verwaltungsakt von einer Genehmigungsbehörde zugelassen werden. Die Genehmigungserteilung für die prominenten Vorhaben zieht der Bundesgesetzgeber nun an sich und will selbst darüber entscheiden. Zwar sollen inhaltliche Prüfungen und die wesentlichen Elemente der Öffentlichkeitsbeteiligung auch bei diesen Vorhaben stattfinden. Sobald aber die gesetzliche Genehmigung erteilt ist, können sich Kritiker des Projekts nur über die Verfassungsbeschwerde dagegen wehren – und diese Hürde ist hoch. Auf diese Weise will der Gesetzgeber langwierige Rechtsstreitigkeiten über die großen umwelt- und klimarelevanten Infrastrukturmaßnahmen vermeiden. Zugleich hofft er auf eine erhöhte Akzeptanz, wenn die Vorhaben vom Parlament beschlossen werden.
Etwas früher als das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz – und dabei scheinbar etwas weniger kontrovers aufgenommen – ist das Gesetz zur weiteren Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich in Kraft getreten. Seine praktische Relevanz könnte jedoch in der Breite ungleich größer sein als die singuläre Vorhabengenehmigung durch den Gesetzgeber. Denn mit diesem Gesetz wurden erhebliche Neuregelungen im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG), im Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG), im Bundesfernstraßengesetz (FStrG) und im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) beschlossen. Bestimmte bauliche Änderungen – etwa Erneuerungen – sowie Unterhaltungsmaßnahmen an bestehenden Schienen und Straßen, zu denen beispielweise auch der Ersatzneubau von Straßenbrücken gehören soll, werden damit von der Planfeststellungspflicht ausgenommen. Damit schnell gebaut werden kann, muss kein umfangreiches Planfeststellungsverfahrens mehr durchgeführt werden.
Allerdings sind damit rechtliche Tücken verbunden: In einer Planfeststellung müssen öffentliche und private Belange, darunter auch die Auswirkungen auf die Umwelt, differenziert gegeneinander abgewogen werden. Auch ohne Planfeststellung haben die Behörden selbstverständlich das geltende Recht zu beachten – die formalen Anforderungen sind aber in diesen Fällen geringer. Entscheidend wird es also darauf ankommen, wann eine Änderung der bestehenden Infrastruktur zu einer (erneuten) Planfeststellungspflicht führt und wann die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens nicht erforderlich ist. Dass der Gesetzgeber hier mit unbestimmten Rechtsbegriffen operiert, in dem er etwa auf die Erheblichkeit oder Wesentlichkeit der Änderung abstellt, macht die Sache nicht einfacher. Dies führt vielmehr dazu, dass die Frage nach der Planfeststellungspflicht zu einer schwierigen Frage des Einzelfalls wird. Für Vorhabenträger und Behörden kommt es aber darauf an, diese Frage rechtssicher zu beantworten. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Realisierung von Infrastrukturvorhaben tatsächlich beschleunigt wird und nicht schon aus verfahrensrechtlichen Gründen gestoppt werden muss.
Empfehlung:
- Vorhabenträger und Behörden sollten im Vorfeld kritisch prüfen, ob die Änderung einer bestehenden Infrastruktur eine Planfeststellungspflicht auslöst oder nicht.
- Dabei sollten auch der tatsächliche Beschleunigungseffekt und das Interesse an größtmöglicher Rechtssicherheit verglichen und berücksichtigt werden.
- Sofern auf die Planfeststellung verzichtet wird, kommt einer transparenten Öffentlichkeitsarbeit für die geplante Maßnahme gesteigerte Bedeutung zu. Es muss der Eindruck vermieden werden, dass ein Vorhaben an der Öffentlichkeit vorbei umgesetzt werden soll. Nur so lässt sich die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung erreichen.