Kita (Macht) Schule Kita und Schule
Das Bild zeigt zwei streitende Kinder die sich anschreien und dient als Titelbild für den Blogbeitrag von Dombert Rechtsanwälte Frau Franziska Wilke mit dem Titel 'Letzter Ausweg Kündigung - wenn die Erziehungspartnerschaft zwischen Kita, Eltern und Kind nicht funktioniert'.

Letzter Ausweg Kündigung – wenn die Erziehungspartnerschaft zwischen Kita, Eltern und Kind nicht funktioniert

Es gibt sie immer öfter: Kleine Kinder, die mit der Kita-Umgebung nicht zurechtkommen. Das zeigt sich durch Aggression und Verletzungen gegenüber sich selbst und anderen Kindern und sogar gegenüber den Erzieherinnen und Erziehern. Oft sind es nur Phasen, die mit Hilfe des pädagogischen Fachpersonals nach wenigen Wochen wieder vorbei sind, manchmal sind sie es aber auch nicht.

In solchen Fällen wird die Betreuung in der Kita oft zur großen Herausforderung für alle Beteiligten. Das betroffene Kind erweckt den Eindruck, dass es besondere Bedürfnisse hat, die während der regulären Kita-Betreuung nicht erfüllt werden können. Das kann dann auch zu Lasten der anderen Kinder in der Kita gehen. Zur Entschärfung dieses Konflikts ist neben rechtlicher Expertise vor allem Fingerspitzengefühl notwendig.

Kürzung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz angemessen?
Grundsätzlich kann der Anspruch auf einen Kita-Platzes nicht ohne Weiteres eingeschränkt werden. Auch bei besonderen Bedürfnissen eines Kindes kommt dies nur im Einzelfall in Betracht. Zunächst muss ein besonderer Förderbedarf nach §§ 27, 35a SGB VIII oder §§ 99 ff. SGB IX festgestellt werden. Dann können Maßnahmen ergriffen werden, indem beispielsweise dem Kind eine Betreuungsperson zur Seite gestellt wird. Das Brandenburger Kita-Gesetz sieht in diesen Fällen vor, dass das Kind nur dann in der Einrichtung aufgenommen werden darf, wenn dort die entsprechende Förderung und Betreuung auch gewährleistet werden kann.

Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll somit ein Kind mit besonderen Bedürfnissen, die im normalen Kita-Betrieb kaum zu bewältigen sind, aber noch nicht die Schwelle zum besonderen Förderbedarf, zum Beispiel nach den §§ 27 ff. SGB VIII überschreiten, im Regelbetrieb betreut werden. So geht auch aus dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz vom 10.06.2021 hervor, dass möglichst viele Kinder inklusiv betreut werden sollen. Trotz dieser Deutlichkeit im Kinder- und Jugendhilferecht besteht jedoch kein einklagbarer Anspruch auf Unterstützung, wenn besondere Erziehung erforderlich ist. Den örtlichen Jugendhilfeträgern fehlt der rechtliche und finanzielle Rahmen, um Plätze für die inklusive Betreuung, die sämtliche Bedürfnisse abdeckt, zu schaffen und dauerhaft vorzuhalten.

Kann der Betreuungsvertrag gekündigt werden?
Vom gesetzgeberischen Leitbild ausgehend, ist eine Beendigung des Betreuungsverhältnisses nicht unbedingt vorgesehen. Etwas anderes kann sich aus den Pflichten und Kündigungsrechten im Betreuungsvertrag ergeben. Grundsätzlich ist daher zu empfehlen, auch solche schwierigen Situationen vertraglich zu regeln. Es können beispielsweise explizite Mitwirkungspflichten der Eltern oder auch ein kurzfristiges Aussetzen des Betreuungsverhältnisses festgelegt werden. Eine solche Kita-Pause von wenigen Tagen mag zwar im Widerspruch zum unbedingten Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz stehen, ist jedoch das mildere Mittel als die finale Kündigung des Vertrags, wenn dadurch vielleicht langfristig das Betreuungsverhältnis fortbestehen kann. Die Betreuung eines Kindes in der Kita kommt jedoch dort an ihre Grenzen, wo trotz verschiedenster Bemühungen keine Besserung eingetreten ist und das Kindeswohl des einen und/oder der anderen in Gefahr ist. Darf der Träger dann in letzter Konsequenz den Betreuungsvertrag kündigen? Ja, aber nur unter sehr strengen Voraussetzungen.

Denn grundsätzlich gilt der Rechtsanspruch auch dann uneingeschränkt fort, wenn der Betreuungsvertrag gekündigt wurde. Das Kind kann seinen Anspruch also in keinem Fall verwirken. Das ist gerade für kommunale Kita-Träger ein Aspekt, der oft gegen die Kündigung des Betreuungsvertrags spricht. Auch die Rechtsprechung hat in der Tendenz eher zugunsten der Kinder und Eltern und damit im Sinne der Fortsetzung des Betreuungsverhältnisses entschieden. Demzufolge sind die Hürden für einen Träger, das Betreuungsverhältnis zu beenden, sehr hoch. Er muss zunächst alle möglichen Alternativen ausschöpfen. So ist zu prüfen, ob die Betreuung in der Einrichtung unter veränderten Rahmenbedingungen wieder aufgenommen werden kann, etwa mit einer wochenweise gestuften Betreuungszeit. Wenn ein Kita-Träger mehrere Kitas betreibt, kann er auch einen anderen Platz anbieten in der Hoffnung, dass sich das Problem nicht nur örtlich verlagert.

Die Kündigung als letztes Mittel
Ist eine Kündigung dennoch unvermeidbar, müssen besondere formale Voraussetzungen beachtet werden, wobei es stets auf die individuellen vertraglichen Regelungen ankommt. Im Fall der außerordentlichen – fristlosen – Kündigung gibt das Gesetz zudem vor, dass zuvor abgemahnt werden muss. Ausnahmen sind nur in ganz seltenen Fällen erlaubt. Die Abmahnung ist fristgebunden und sollte schriftlich erfolgen. Auch die ordentliche Kündigung ist – wenn überhaupt – nur mit einer ausreichend langen Kündigungsfrist zulässig (OLG Brandenburg, Urteil vom 26.03.2021, 4 U 26/21). Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Brandenburg sind vier Wochen in jedem Fall zu kurz.

Fazit: Eine Beendigung des Betreuungsverhältnisses ist sehr schwierig und sollte nur der letzte Ausweg sein. Denn auch Kinder mit besonderen Bedürfnissen müssen die Möglichkeit erhalten, in einem sozialen Umfeld unterstützt und gefördert zu werden, um sich gemeinsam mit anderen Kindern weiterzuentwickeln und um voneinander lernen zu können.

Meine Empfehlungen:

  • Da die Kündigung des Betreuungsverhältnisses nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig ist, sollten Eltern und Einrichtungsträger zunächst sämtliche Möglichkeiten ergreifen, um eine bedarfsgerechte Betreuung zu ermöglichen. Dazu zählen insbesondere regelmäßige Elterngespräche, die Inanspruchnahme alternativer Betreuungsplätze, soweit ein Träger mehrere Kitas betreibt sowie die Inanspruchnahme von Unterstützung durch Dritte.
  • Jugendamt und Aufsichtsbehörde sollten so früh wie möglich einbezogen werden.
  • Betreuungseinrichtungen sollten die Vorfälle in der Kita möglichst umfassend dokumentieren.
  • Bei einer fristlosen Kündigung muss zuvor abgemahnt werden, wobei die Abmahnung zeitnah nach dem Ereignis erfolgen musss, das die Kündigung begründet.
  • Eine ordentliche Kündigungsfrist von lediglich vier Wochen im Betreuungsvertrag ist unzulässig.
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