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Karton mit Altkleidern

Streit um das Geschäft mit Alttextilien

Mit gebrauchten Textilien und Schuhen lässt sich durchaus noch Geld verdienen. Das haben Einzelhandelsketten unlängst erkannt und nehmen inzwischen freiwillig alte Kleidung von ihren Kunden wieder zurück. Damit treten sie jedoch in Konkurrenz zu kommunalen Entsorgern, was immer wieder zu rechtlichen Auseinandersetzungen führt. Eigentlich wollte das Bundesverwaltungsgericht am 24. November 2020 darüber entscheiden, ob Einzelhandelsketten auch Alttextilien und -schuhe zurücknehmen dürfen, die sie weder hergestellt noch selbst vertrieben haben – doch der Termin wurde aufgehoben (Az.: 7 C 6.19).

Hintergrund des Rechtsstreits ist die im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) geregelte duale Entsorgungsverantwortung, wonach Unternehmen grundsätzlich selbst für die Entsorgung der von ihnen erzeugten Abfälle verantwortlich sind. Die Kommunen als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger sind hingegen im Sinne der Daseinsvorsorge für die Entsorgung der Abfälle aus privaten Haushalten und von Abfällen zur Beseitigung aus sonstigen Herkunftsbereichen zuständig. Andere (Entsorgungs-) Unternehmen dürfen auf diese Abfälle grundsätzlich nicht zugreifen. Vielmehr sind die privaten Haushalte dazu verpflichtet, diese den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu überlassen. Diese Überlassungspflicht lässt nur wenige Ausnahmen zu. Dazu gehören die gewerbliche Sammlung und die freiwillige Rücknahme. In der Praxis betrifft dies im Wesentlichen Modehäuser, die Altkleider zurücknehmen, um diese zu verwerten. Auch die freiwillige Rücknahme von Erzeugnissen, die Unternehmen nicht selbst hergestellt oder vertrieben haben, haben die Gerichte bislang bejaht. Ob und wann sich das Bundesverwaltungsgericht nun diesem Problem widmen wird, steht noch nicht fest.

Wenn es aber zu einer Entscheidung kommt, wird diese kaum praktische Bedeutung haben. Seit dem 29. Oktober 2020 gilt die novellierte Fassung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Sie erlaubt die freiwillige Rücknahme ausdrücklich auch für Erzeugnisse, die nicht selbst hergestellt oder vertrieben wurden. Zudem wurde § 26 KrWG um weitere Voraussetzungen für die Rücknahme von Fremdprodukten ergänzt. So muss die Menge der zurückgenommenen Abfälle in einem angemessenen Verhältnis zur Menge der vom Hersteller oder Vertreiber hergestellten und vertriebenen Erzeugnisse stehen. Weiterhin müssen die zurückgenommenen Erzeugnisse derselben Gattung oder Produktart angehören wie die vom Hersteller oder Vertreiber selbst hergestellten oder vertriebenen Waren und die Rücknahme muss in einem engen Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Herstellers oder Vertreibers stehen.

Gleichwohl ist die Regelung im Kreislaufwirtschaftsgesetz zu begrüßen, da sie Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen schafft. Aber auch öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern erhalten Planungssicherheit, da die Unternehmen die Rücknahme mindestens für drei Jahre garantieren müssen.

Es ist daher zu erwarten, dass die freiwillige Rücknahme in der Praxis an Bedeutung gewinnen wird. Während gewerbliche Sammlungen nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG untersagt werden können, wenn ihnen überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen, gilt dies für freiwillige Rücknahmen nicht. Das schafft Rechtssicherheit: Denn die Frage, wann einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen, hat zu hunderten Gerichtsverfahren in den vergangenen Jahren geführt.

Empfehlung

  • Unternehmen, die Abfälle oder gebrauchte Erzeugnisse zurücknehmen, sollten prüfen, ob sie eine freiwillige Rücknahme ordnungsgemäß angezeigt haben. Auch gebrauchte Erzeugnisse können bereits Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes darstellen und die Anzeige einer freiwilligen Rücknahme erfordern. Verstöße können mit Geldbußen bis zu 10.000 Euro geahndet werden.
  • Einzelhändler und Entsorgungsunternehmen sollten prüfen, ob nicht aus einer Kooperation eine Win-win-Situation entstehen könnte. So könnte eine freiwillige Rücknahme durch den Einzelhändler den Zugriff auf zu Abfall gewordenen Erzeugnissen eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründen. Indem er die zurückgenommenen Altwaren an einen Entsorger weitergibt, kann der Einzelhändler einen wichtigen Beitrag zum Recycling leisten und durch attraktive Rücknahmeprogramme zudem die Kundenbindung stärken. Das Entsorgungsunternehmen hätte den Vorteil, dass es Gewinne durch die Entsorgung der Abfälle erzielen kann, die ansonsten der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger erhalten würde.
  • Öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger sollten vermehrt darauf achten, dass die vom Kreislaufwirtschaftsgesetz festgelegten Kriterien zur Rücknahme von Fremdprodukten nicht missbraucht werden, um die Überlassungspflichten zu umgehen.
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