Kita (Macht) Schule Kita und Schule

Wie können Träger reagieren, wenn es in der Kita zu kalt wird?

Angesichts der hohen Energiepreise schließt nun die erste Kindertagesstätte in Deutschland – zumindest vorübergehend in den Wintermonaten. Es handelt sich um eine kleine Kita in Oberschöna bei Freiberg in Sachsen. Bei nur 16 betreuten Kindern seien die Betriebskosten jetzt im Winter zu hoch, heißt es. Über die Wintermonate sollen die Kinder deshalb in anderen Kitas der Gemeinde untergebracht werden.

Die Nachricht über die Schließung der kleinen Kita in Mittelsachsen verbreitete sich schnell und damit zugleich die Sorge, dass ihrem Beispiel bundesweit wohlmöglich noch weitere Einrichtungen folgen.

Anders als etwa Bürogebäude oder Arbeitsstätten, in denen derzeit die Temperaturen nach der Energiesparverordnung auf 19 bzw. 20 Grad gedrosselt werden müssen, gelten für den Aufenthaltsbereich in Kindertagesstätten höhere Temperaturen. Zur Orientierung dienen die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) A3.5 „Raumtemperatur“ sowie die „DGUV-Vorschrift 82 Kindertageseinrichtungen“: Danach ist eine Raumtemperatur von 20 bis 22 Grad in Gruppenräumen, 16 bis 18 Grad in Schlafräumen, 18 Grad in Gymnastik- und Bewegungsräumen sowie mindestens 24 Grad am Wickelplatz vorgesehen. Grundsätzlich muss der Kita-Träger – auch bei hohen Energiepreisen – diese Mindesttemperaturen für die Kindertagesbetreuung sicherstellen.

Kitas sind geschützte Gaskunden

Kitas gelten als „systemrelevant“. Nach Angaben der Bundesnetzagentur zählen Betreuungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche zu der Gruppe der geschützten Kunden, weil sie grundlegende soziale Dienstleistungen erbringen. Insofern müssen sie auch bei Gasknappheit bevorzugt beliefert werden. Es kann aber laut Aussage der Bundesnetzagentur nicht ausgeschlossen werden, dass in einer Gasmangellage auch gegenüber geschützten Kunden Anweisungen zur Reduzierung des Gasbezuges ergehen könnten. Dennoch besteht die Maßgabe, Kitas so lange wie möglich geöffnet zu lassen.

Andersherum besteht das Problem, dass der Rechtsanspruch der Kinder auf Förderung in einer Kindertagesstätte nicht erfüllt werden kann. Denn dieser Rechtsanspruch kann bei einer Gefährdung der Energieversorgungslage nicht automatisch nach dem Kita-Gesetz oder dem Recht der Kinder- und Jugendhilfe im Sozialgesetzbuch (SGB) VIII eingeschränkt werden. Vielmehr bleiben auch der Rechtsanspruch gegenüber dem Landkreis bzw. der kreisfreien Stadt ebenso wie der vertragliche Betreuungsanspruch gegenüber dem Einrichtungsträger bestehen.

Wird eine Kindertagesstätte aber – wie in der Corona-Pandemie – durch eine hoheitliche Anordnung geschlossen oder kann der Einrichtungsträger keine ausreichend beheizten Räume zur Verfügung stellen, liegt ein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit vor. Da dem Träger die Hauptleistungspflicht, also die Erbringung der Betreuungsleistung, unmöglich ist, dürften damit auch etwaige Schadenersatzansprüche der Kinder bzw. der Eltern ausscheiden. Das gilt insoweit, als dass der Träger die Unmöglichkeit nicht selbst zu vertreten hat. Davon ist allerdings bei einer Gasnotlage auszugehen, da der Träger darauf keinen Einfluss hat.

Damit die Kita im schlimmsten Falle nicht wie in Sachsen geschlossen werden muss, sollte der Träger zunächst prüfen, ob nicht reduzierte Öffnungszeiten eine Lösung wären. Unter Umständen kann es auch ausreichen, einzelne Gruppenräume zu schließen. Der Träger ist in diesem Falle aber gehalten, eine Auswahl zu treffen, welche Kinder er noch betreuen kann und welche nicht. Wie bereits in der Corona-Krise sollten gemeinsam mit den leistungsverpflichteten Landkreisen und kreisfreien Städten Kriterien festgelegt werden, nach welcher Priorität Kinder bei (Teil)-Schließungen durch die Energiekrise betreut werden. Dabei dürften die Kinder bevorzugt werden, die aus Kindeswohlgründen vorrangig zu betreuen sind. Das gleiche gilt für Kinder, deren Eltern in einem systemrelevanten Beruf arbeiten oder für Kinder von Alleinerziehenden.

Finanzielle Unterstützung der Träger

Damit der Träger nicht zum letzten Mittel – der Kita-Schließung – greifen muss, fordern sowohl der Deutsche Städte- und Gemeindebund als auch Kita-Verbände kurzfristig finanzielle Unterstützungen, um die exponentiell gestiegenen Energie- und Sachkosten aufzufangen und die Existenz der Kitas nicht weiter zu gefährden. Immerhin empfinden fast Dreiviertel aller Träger die Finanzierung in ihrem Bundesland als unzureichend. Das hat eine aktuelle Umfrage des Deutschen Kita-Verbandes im Oktober 2022 ergeben. Den höheren Kostendruck spüren die Kindertagesstätten nicht nur bei der Energie, sondern auch bei Lebensmitteln und Personalkosten. 94 Prozent der befragten Träger forderten daher eine Erhöhung der öffentlichen Förderung, um die gestiegenen Kosten ausgleichen zu können.

 

Meine Empfehlungen:

  • Den kommunalen und freien Trägern sollte zeitnah ein Ausgleich für die außergewöhnlichen Mehrbelastungen aufgrund der Kostenexplosionen, etwa im Rahmen der Nachtragshaushalte für 2022 bereitgestellt werden, um Kita-Schließungen zu vermeiden.
  • Außerdem sollten energetische Nachrüstungen an Kita-Gebäuden mit mehr Fördermitteln unterstützt werden, damit Kita-Träger langfristig von Energiesparmaßnahem profitieren können.
  • Träger sollten Lieferengpässe oder -unterbrechungen von Gaslieferungen sorgfältig dokumentieren, um Eltern bei etwaigen Schließungen Gründe für die Unmöglichkeit der Leistungserbringung darlegen zu können.
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