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Schulgesungheitsfachkräft behandelt ein Mädchen

Keine Zukunft für die Schulgesundheitsfachkraft?

Einem erfolgreichen Modellprojekt im Land Brandenburg droht das Aus: der Schulgesundheitsfachkraft. Seit mehr als zehn Jahren engagiert sich der AWO Bezirksverband Potsdam e. V. dafür, dass an den öffentlichen Schulen medizinisch-pflegerisches Fachpersonal etabliert wird, wie es bereits in vielen europäischen Ländern der Fall ist. Dort sind „School Nurses“ eine Selbstverständlichkeit. Auf die Initiative des Wohlfahrtsverbandes ist es auch zurückzuführen, dass im Land Brandenburg 2017 die ersten Pflegefachkräfte als Schulgesundheitsfachkräfte eingestellt wurden. Heute sind 18 „Schulkrankenschwestern“ an insgesamt 27 Brandenburger Modellschulen tätig.

Sie sind vor allem in der Gesundheitsprävention tätig, beraten in Fragen etwa zur Ernährung, Bewegung, Stressbewältigung und Unfallprävention. Sie sind zudem erste Anlaufstelle, wenn Kinder sich verletzt haben oder sich krank fühlen. Darüber hinaus unterstützen sie die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste der Kommunen, betreuen in der Schule Kinder mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten, zum Beispiel Diabetes, und sind in die Erarbeitung und Durchsetzung von Hygieneplänen und -maßnahmen an den Schulen eingebunden. Schulgesundheitsfachkräfte entlasten die Lehrkräfte und anderes Schulpersonal, wobei sich ihre Tätigkeitsbereiche deutlich abgrenzen von den Aufgaben der Schulsozialarbeit oder der -psychologie.

Projekt läuft zum Jahresende aus…

Inzwischen befindet sich das Projekt in der IV. Modellphase. Es läuft aber zum Jahresende aus. Wie es vom nächsten Jahr an weitergeht, ist bislang ungeklärt. Für eine weitere Finanzierung und Verstetigung der „Schulkrankenschwestern“ sind im aktuellen Haushaltsentwurf der Landesregierung keine weiteren Mittel eingestellt. Die Argumentation der Landesregierung ist widersprüchlich. Einerseits bräuchten ihrer Meinung nach alle Schülerinnen und Schüler in Brandenburg eine Schulgesundheitsfachkraft. Andererseits seien die Kosten von rund 28 Mio. € jährlich nicht zu finanzieren. Allerdings sind zunächst einmal jährlich rund 800.000 € erforderlich, um zumindest die bestehenden Stellen an den 27 Modellschulen zu erhalten.

Das Geld wäre gut investiert, denn umfassende Evaluationen und Gutachten haben die positiven Effekte für die Gesundheit und die Bildungschancen der Kinder wissenschaftlich belegt. Mit dem Thema haben sich das Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Charité – Universitätsmedizin Berlin, die Leuphana-Universität (Lüneburg), das Delmenhorster Institut für Gesundheitsförderung (DIG) sowie die Technische Hochschule Mittelhessen in Gießen beschäftigt. Als langjähriges Mitglied im Steuerungskreis für die Schulgesundheitsfachkraft haben zudem DOMBERT Rechtsanwälte das Projekt fachlich begleitet und mehrere Gutachten zur Verstetigung der Schulgesundheitsfachkräfte vorgelegt.

Sie kommen alle zu dem Ergebnis, dass Schülerinnen und Schüler ihre Bildungschancen erhöhen und gesünder aufwachsen, wenn an ihren Schulen Schulgesundheitsfachkräfte im Einsatz sind. Es kam zu weniger Unfällen und Rettungswageneinsätzen, die Heilbehandlungskosten sanken. Zudem entlasteten die Schulgesundheitsfachkräfte Lehrer und Eltern. Vor allem letztere müssen sonst wegen der Krankheit ihres Kindes häufig ihre Berufstätigkeit einschränken. Gerade angesichts psychischer Belastungen in der Coronakrise sei es gut gewesen, die Gesundheitsfachkräfte an den Schulen zu haben.

Brandenburger Modellprojekt als Vorbild für andere Bundesländer

Überdies orientieren sich viele Bundesländer an den Erfahrungen aus Brandenburg und haben ähnliche Modellprojekte gestartet. Dazu gehören Hamburg, Bremen, Berlin, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Hessen – das Partnerland bei der Umsetzung des Modellprojektes – hat die Modellphase bereits erfolgreich abgeschlossen. Aufgrund der positiven Bewertung der Testphase erfolgt seit Anfang 2020 die Regelfinanzierung von mittlerweile 20 unbefristet angestellten Schulgesundheitsfachkräften über das Hessische Kultusministerium. Anders als in Brandenburg wurden die Schulgesundheitsfachkräfte in Hessen bereits in der Modellphase direkt beim Schulamt und nicht beim dortigen Projektträger eingestellt.

 

Meine Empfehlungen:

  • Es ist sinnvoll und notwendig, die vorhandenen Stellen zumindest zu erhalten, damit auch das Wissen der Schulkrankenschwestern, die alle nach dem Curriculum des Projektträgers weitergebildet und qualifiziert worden sind, für die Brandenburger Schulen nicht verloren geht.
  • Ein erfolgreiches evaluiertes Projekt, das von anderen Bundesländern kopiert oder modifiziert wird, sollte auch in Brandenburg unbedingt fortgeführt werden.
  • Durch die Verstetigung des Modellprojekts könnten die gewachsenen Strukturen aufrechterhalten werden, Kinder und Jugendliche gesundheitlich versorgt, ihre Gesundheitskompetenz gestärkt und die Bildungschancen verbessert werden.
  • Das Modell der schuleigenen Pflegefachkräfte wird umso wichtiger, je mehr Zeit Schülerinnen und Schüler im zunehmenden Ganztagsbetrieb der Schulen verbringen.

 

 

 

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