UMWELT(EN) WEITER. Umwelt und Klimaschutz
Das Bild zeigt 2 Mitarbeiter die auf einem freuen feld auf Windkrafträder zugehen sowie Messgeräte in der Hand halten und dient zur Veranschaulichung für den Blogbeitrag zum Thema 'Mehr Rechtssicherheit für Investoren' von dem Rechtsanwalt Janko Geßner von Dombert Rechtsanwälte Potsdam, Berlin und Düsseldorf.

Mehr Rechtssicherheit für Investoren im vereinfachten Genehmigungsverfahren

Etwas mehr Rechtssicherheit haben Vorhabenträger den Richtern des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Bautzen (OVG) zu verdanken. Sie hatten sich kürzlich mit der Frage befasst, ob eine freiwillige öffentliche Bekanntmachung und Auslegung des Genehmigungsbescheids im Rahmen eines vereinfachten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens die Monatsfrist für einen Rechtsbehelf in Gang setzt (Az.: 1 A 452/20 vom 11.11.2021). Das klingt zunächst recht formal, hat aber hohe praktische Bedeutung.

Als Kanzlei werden wir regelmäßig darum gebeten, die Erfolgsaussichten von Projekten, bei denen Widersprüche seitens Dritter (noch) nicht ausgeschlossen sind, für die Vorhabenträger oder die Bank zu begutachten. Die Finanzierung eines solchen Projekts oder der Verkauf an andere Investoren wären voraussichtlich unproblematischer und aufwendige Darlegungen, legal opinions oder reliance letter nicht erforderlich, wenn die Rechtsbehelfsfrist ohne Einlegung von Widersprüchen wirksam abgelaufen wäre.

Vorteile des vereinfachten Verfahrens

Allgemein ist das vereinfachte Genehmigungsverfahren für Investoren bei kleineren Projekten, die keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, vor allem aus zwei Gründen sehr interessant: Es dauert regelmäßig kürzer und eine Öffentlichkeitsbeteiligung ist nicht erforderlich. Würde die Widerspruchsfrist auch bei diesem Verfahren wirksam in Gang gesetzt, hätte der Vorhabenträger nach Ablauf eines Monats Klarheit, ob und wer gegen seine Genehmigung vorgehen will. Wird innerhalb der Frist jedoch kein Rechtsbehelf eingelegt, könnte die Realisierung im Vertrauen auf die Bestandskraft der Genehmigung sehr viel leichter erfolgen.

Doch ob das auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren gilt –  darüber haben sich Gerichte und Gelehrte bereits mehrfach gestritten. Der Gesetzgeber hat die öffentliche Auslegung und damit Bekanntmachung eines erteilten Genehmigungsbescheides (§ 10 Absatz 7 und 8 Bundes-Immissionsschutzgesetz) zwingend nur für das förmliche Genehmigungsverfahren, also das Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung, vorgeschrieben. Im vereinfachten Verfahren wird das nach der Vorschrift im Bundes-Immissionsschutzgesetzes (§ 19 BImSchG) hingegen explizit ausgeschlossen.

Rechtsbehelfsfrist auch im vereinfachten Verfahren

Anders kann es hingegen sein, wenn der Vorhabenträger freiwillig den Antrag stellt, dass die erteilte Genehmigung öffentlich bekanntgemacht wird. Aber setzt diese freiwillige Bekanntmachung (und Auslegung des Genehmigungsbescheids) auch wirksam die einmonatige Rechtsbehelfsfrist in Gang? Zu dieser Problematik entschied nun das OVG Bautzen.

In dem Fall hatte ein Nachbar gegen die im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilte Genehmigung für Windenergieanlagen Widerspruch eingelegt. Der Genehmigungsinhaber hatte aber die freiwillige öffentliche Bekanntmachung beantragt; das war auch erfolgt. Widerspruch legte der Nachbar allerdings erst mehrere Monate nach Ablauf der bekanntgegebenen Widerspruchsfrist ein. Das Verwaltungsgericht Dresden entschied im Eilverfahren in der ersten Instanz zugunsten des Nachbarn. Da nach Ansicht des Gerichts die Vorschriften zur Bekanntmachung und öffentlichen Auslegung des Genehmigungsbescheides im vereinfachten Verfahren keine Anwendung finden, habe die Widerspruchsfrist gar nicht zu laufen begonnen. Dieser Auffassung trat das OVG Bautzen bereits im Eilverfahren entgegen und hat dies nun noch einmal bekräftigt.

Es argumentiert damit, dass die Vorschrift über das vereinfachte Verfahren (§ 19 Abs. 2 BImSchG) keine Aussage zur rechtlichen Wirkung einer freiwilligen öffentlichen Bekanntmachung nach § 21a 9. BImSchV trifft. Diese weise lediglich darauf hin, dass die Regelungen zur öffentlichen Bekanntmachung im förmlichen Genehmigungsverfahren keine Anwendung fänden. Das betrifft also den notwendigen Bekanntmachungsinhalt, Gegenstand und Dauer der öffentlichen Auslegung sowie Ort und Zeit der Auslegung. Die allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten bleiben hingegen anwendbar. Gestützt darauf kann die freiwillige Bekanntmachung auch die Widerspruchsfrist in Gang setzen.

Nach Ansicht des OVG wird dadurch auch nicht das Gebot des effektiven Rechtsschutzes verletzt. Es erkennt zwar an, dass es aufgrund der fehlenden Öffentlichkeitbeteiligung vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schwierig sein kann, von der Erteilung der Genehmigung Kenntnis zu erlangen. Jedoch werde keine andere Situation geschaffen, als sie auch für andere Verwaltungsakte gelte. Zudem werde die Widerspruchsfrist erst nach Ablauf einer zweiwöchigen Auslegung des Genehmigungsbescheids in Gang gesetzt. Bei dieser Abwägungsentscheidung fällt schließlich auch ins Gewicht, dass die Öffentlichkeit an einem zügigen Verwaltungsverfahrens interessiert ist.

 

Meine Empfehlungen:

  • Die Entscheidung des OVG Bautzen bringt Klarheit in eine bislang strittige Rechtsfrage. Es ist zu hoffen, dass sich auch die Genehmigungsbehörden diese Rechtsauffassung nunmehr zu eigen machen.
  • Im Herbst 2021 hat der Gesetzgeber für Repoweringvorhaben bereits die Anwendung der Bekanntmachungsvorschriften des förmlichen Genehmigungsverfahren auch für das vereinfachte Verfahren ausdrücklich angeordnet. Es wäre wünschenswert, wenn in den angekündigten Gesetzgebungspaketen eine entsprechende Regelung auch für die Genehmigung von neuen Anlagen erfolgen wird.
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