UMWELT(EN) WEITER. Umwelt und Klimaschutz
Das Bild zeigt ein denkmalgeschütztes gebäude im Fachwerkstil welches eine Solaranlage, auch Photovoltaik genannt auf dem Dach hat und dient als Beitragsbild zum Blogbeitrag 'Um Welten weiter' von Dombert Rechtsanwälte zum Thema 'Denkmalschutz vor Klimaschutz' von Rechtsanwältin Josefine Wilke

Photovoltaik: Denkmalschutz vor Klimaschutz?

Gotische Kirchen, historische Giebelhäuser mit Backstein-Fassaden und schmale Gassen prägen das mittelalterliche Stadtbild von Lüneburg. Sie zeugen von dem einstigen Reichtum der Hansestadt und ihrem Handel mit Salz. Zahlreiche Besucher strömen jedes Jahr in die historische Altstadt, um die vielen Sehenswürdigkeiten zu bewundern. Inmitten dieser Umgebung errichtete ein Eigentümer auf dem Dach seines denkmalgeschützten Gebäudes eine Photovoltaikanlage und geriet in einen Streit mit der Denkmalbehörde.

Dieser Konflikt ist kein Einzelfall. Derzeit beschäftigen sich viele Gerichte mit Photovoltaikanlagen, die auf denkmalgeschützten Gebäuden installiert wurden. Auch der Fall der in der Lüneburger Altstadt errichteten Photovoltaikanlage landete vor Gericht.

Obwohl die Anlage rund 70 Prozent der Dachfläche einnahm, war sie von der Straße aus kaum sichtbar. Trotzdem sollte sie innerhalb einer kurzen Frist zurückgebaut werden, insbesondere weil zunächst keine denkmalrechtliche Genehmigung beantragt wurde. Die Denkmalbehörde war der Meinung, dass die Photovoltaikanlage auch nicht genehmigungsfähig sei. Hiergegen wehrte sich der Eigentümer zunächst vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig, das ihm Recht gab. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg lehnte die Genehmigungsfähigkeit der Photovoltaikanlage dagegen in zweiter Instanz ab (Az.: 1 ME 15/23 vom 08.06.2023). Zwar erkannte es an, dass nach den Regelungen des Niedersächsischen Denkmalschutzrechtes der Einsatz erneuerbarer Energien auf denkmalgeschützten Gebäuden in der Regel zu genehmigen sei. Von dieser Regel war in dem zu entscheidenden Fall aber eine Ausnahme zu machen, weil das betroffene Gebäude in der als UNESCO-Weltkulturerbe geschützten Lüneburger Altstadt lag. Das Oberverwaltungsgericht stellte außerdem klar, dass Denkmal- und Klimaschutz zusammenpassen müssen: Wer eine Photovoltaikanlage auf einem denkmalgeschützten Gebäude errichten wolle, müsse dies – im Rahmen des ihm Zumutbaren – so denkmalverträglich wie möglich tun. So könne zum Beispiel von Eigentümern verlangt werden, die Photovoltaikanlage an die Dachfarbe anzupassen.

Auch das Verwaltungsgericht Koblenz hat kürzlich zugunsten des Denkmalschutzes entschieden (Az.: 1 K 922/22.KO vom 05.06.2023). In diesem Fall ging es ebenfalls um einen Streit zwischen dem Eigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes und der Denkmalbehörde. Der Eigentümer wollte einen ca. zwei Meter hohen Solarzaun auf der bestehenden Einfriedungsmauer eines Gebäudes von 1921 errichten und beantragte die dafür erforderliche denkmalrechtliche Genehmigung. Das verweigerte jedoch die Denkmalbehörde.  Sie argumentierte, dass der Solarzaun den Blick auf das denkmalgeschützte Gebäude auf Dauer stören und im Zusammenspiel mit dem historischen Gebäude wie ein neuzeitlicher Fremdkörper wirken würde.

Dieser Auffassung stimmte auch das Verwaltungsgericht zu. In seiner Entscheidung befasste es sich ausführlich mit dem Verhältnis von Denkmalschutz und erneuerbaren Energien, insbesondere der Regelung in § 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Gemäß dieser Norm liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung in Deutschland nahezu treibhausgasneutral ist, haben die erneuerbaren Energien daher vorrangigen Belang bei der Schutzgüterabwägung.

Nach den landesrechtlichen Regelungen des Denkmalschutzgesetzes Rheinland-Pfalz gelte dies aber nicht uneingeschränkt, führte das Gericht aus. Wenn es Alternativen gebe, die dem Eigentümer zumutbar seien und die einen milderen Eingriff in das Erscheinungsbild des Denkmals darstellten, müsse der Eigentümer sich darauf verweisen lassen. Von dem Eigentümer in Rheinland-Pfalz könne also verlangt werden, die Photovoltaikanlage nicht auf dem Zaun, sondern auf dem Dach oder auf einer Freifläche im Garten zu errichten, entschied das Gericht.

Beide Entscheidungen zeigen, dass sich der Ausbau der erneuerbaren Energien auch nach Einführung gesetzlicher Erleichterungen nicht zwangsläufig durchsetzt. Zwar sehen einige Bundesländer inzwischen Möglichkeiten vor, Photovoltaikanlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden zu errichten. Entsprechende Regelungen finden sich etwa im Brandenburgischen und im Bayerischen Denkmalschutzgesetz. Alle Regelungen sind jedoch an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft. Eine umfassende Prüfung im Einzelfall ist daher weiterhin unerlässlich.

 

Meine Empfehlungen:

  • Vor der Errichtung einer Photovoltaikanlage an, auf oder in der Nähe eines denkmalgeschützten Objekts sollte geprüft werden, ob eine denkmalrechtliche Genehmigung erforderlich ist. Die Errichtung ohne Genehmigung kann zur Folge haben, dass die Denkmalbehörde die Beseitigung der Photovoltaikanlage verfügt.
  • Wenn die Denkmalbehörde die Errichtung der geplanten Photovoltaikanlage ablehnt, sollte gemeinsam versucht werden, alternative Gestaltungskonzepte abzustimmen. Auf diese Weise können spätere Streitigkeiten vermieden und hohe Beseitigungs- oder Umbaukosten gespart werden.
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