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Kind bekommt Pflaster nach Impfung

Warum die Impfpflicht in Kitas immer bedeutsamer werden wird

Sie ist seit Monaten ein Dauerthema – nicht nur in Deutschland: die Corona-Schutzimpfung. Ihr kommt derzeit die zentrale Rolle in der Pandemie-Bekämpfung zu. Gleichwohl gibt es auch Skeptiker, die der Impfung sehr kritisch gegenüberstehen – bis hin zu „querdenkenden“ Impfverweigerern. Das Phänomen ist aber nicht neu: Auch gegen die verpflichtende Masern-Schutzimpfung für Kindergarten- und Schulkinder gab und gibt es Widerstände. Mehrere Eltern haben sogar beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde hiergegen erhoben.

Zur Erinnerung: Seit dem 1. März 2020 dürfen Kinder ohne ausreichenden Masernimpfschutz nicht mehr in Kitas aufgenommen und dort betreut werden. Gleiches gilt auch für das Personal, das in Kindertageseinrichtungen beschäftigt ist. So sieht es das Masernschutzgesetz vor. Kinder, die schon zu diesem Zeitpunkt in einer Kita betreut werden,  oder Mitarbeitende müssen nachträglich den Nachweis über einen ausreichenden Masernschutz vorlegen. Ursprünglich hatten sie dafür bis zum 31. Juli 2021 Zeit. Diese Frist wurde jedoch nun durch das “Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen” auf den 31. Dezember 2021 verlängert.

Eltern klagen vor dem Bundesverfassungsgericht

Da diese Nachweispflicht für den Masernschutz für die ohnehin durch die Pandemie schon stark belasteten Kita-Leitungen einen weiteren erheblichen Verwaltungsaufwand bedeutete, werden sie über diese Fristverlängerung sehr erleichtert sein. Ob eine nochmalige Verlängerung notwendig sein wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Kaum wahrscheinlich ist es hingegen, dass die Nachweispflicht für den Masernschutz ganz entfällt.  Das wäre nur denkbar, wenn das Bundesverfassungsgericht den Verfassungsbeschwerden der Eltern noch im Laufe dieses Jahres stattgeben sollte. Allerdings erscheint das eher unwahrscheinlich.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Bundesverfassungsgericht das Masernschutzgesetz und somit die Impfpflicht für vereinbar mit dem Grundgesetz erklären wird. Dagegen gerichtete Eilanträge hat es bereits mit Verweis auf den Grundrechtsschutz einer großen Zahl von Menschen und dem Schutz vor Weiterverbreitung der Masern in der Bevölkerung abgewiesen. Die rechtliche Abwägung im Hauptverfahren dürfte kaum anders ausfallen.

Impfung ist durch einen höheren Zweck gerechtfertigt

So dürften sowohl der Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit als auch in das elterliche Erziehungsrecht durch den höheren Zweck der Impfung gerechtfertigt sein. Der Schutz des Lebens anderer Personen und der gesamten Bevölkerung – durch eine angestrebte Herdenimmunität – sind wichtige Verfassungsgüter und rechtfertigen deshalb auch diese staatlichen Eingriffe. Dafür gibt es auch Beispiele aus der Vergangenheit. So hielt das Bundesverwaltungsgericht in seiner historischen Entscheidung vom 14. Juli 1959 die pflichtige Pockenschutzimpfung mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit für vereinbar.

Auch aus völkerrechtlicher Sicht sprechen Anzeichen dafür, dass das Bundesverfassungsgericht die Masernimpfpflicht halten wird. Deutschland ist völkerrechtlich an die Europäische Menschenrechtskonvention und deren Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gebunden. Der EGMR hatte erst kürzlich über eine Klage aus Tschechien gegen die dort bestehende Impfpflicht für Kinder zu befinden (Az.: 47621/13 u.a. vom 08.04.2021). Die Richter sahen in der Impfpflicht gegen neun Kinderkrankheiten keine Verletzung von Menschenrechten. Sie ist mit dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit vereinbar. Die Impfpflicht diene dazu, Kinder vor Krankheiten und einem ernsthaften gesundheitlichen Risiko zu schützen. Daher sei die Gesundheitspolitik des tschechischen Staates im „besten Interesse“ der Kinder und der Eingriff in ihre Menschenrechte somit gerechtfertigt. Allerdings betrifft das Urteil des EGMR nur die tschechische Impfpflicht für Kinder. Sie hat keine unmittelbare Auswirkung auf die deutsche Regelung zur Masernimpfpflicht für Kinder, dürfte jedoch auch für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts maßgeblich sein.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob eine Impfpflicht auch für andere gefährliche Infektionskrankheiten eingeführt werden wird – beispielsweise gegen das Covid-19-Virus. Ob die Bundesregierung dies beabsichtigt, ist derzeit allerdings noch völlig unklar, zumal bislang noch gar kein Impfstoff für Kindergartenkinder auf dem Markt zugelassen ist. Die Argumentation für eine Impfpflicht wäre jedoch die gleiche: Der Eingriff in die Grundrechte der Impflinge dürfte auch hier wegen des Gesundheitsschutzes einer großen Anzahl von Menschen, die nicht geimpft werden können, gerechtfertigt sein.

 

Meine Empfehlungen:

  • Kita-Leitungen müssen sich darauf einstellen, dass der Impfnachweis für Kinder und Mitarbeitende, die bereits zum Stichtag in der Kita betreut bzw. beschäftigt wurden, bis zum 31.12.2021 erbracht werden muss.
  • Bereits jetzt sollten die Betreuungsverträge den gesetzlichen Anforderungen des Masernschutzgesetzes entsprechen und ggf. entsprechend angepasst werden.
  • Ob eine Pflicht zur Impfung gegen das Covid-19-Virus, die möglicherweise weitere Pflichten für Kita-Leitungen und Kita-Träger mit sich bringen könnte, kommen wird, ist derzeit noch nicht abzusehen.
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