Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Klagen aus Tschechien gegen die dort bestehende Impfpflicht für Kinder abgelehnt (Az.: 47621/13 u.a. vom 08.04.2021). Die Richter sahen in der Impfpflicht gegen neun Kinderkrankheiten keine Verletzung von Menschenrechten, sie sei mit dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit vereinbar.
Geklagt hatten mehrere Eltern, die wegen des Verstoßes gegen die Impfpflicht eine Geldstrafe zahlen mussten oder deren Kinder nicht in den Kindergarten aufgenommen wurden. Die Richter des EGMR hielten jedoch die tschechische Regelung insgesamt für angemessen. Auch wenn eine Impfpflicht einen Eingriff in das Recht auf Privatleben sowie in die körperliche Unversehrtheit darstelle, diene sie dazu, Kinder vor Krankheiten und einem ernsthaften gesundheitlichen Risiko zu schützen. Daher sei die Gesundheitspolitik des tschechischen Staates im „besten Interesse“ der Kinder und der Eingriff in ihre Menschenrechte somit gerechtfertigt.
Das Urteil des EGMR betrifft nur die tschechische Impfpflicht für Kinder und hat keine unmittelbare Auswirkung auf die deutsche Regelung zur Masernimpfpflicht für Kinder. Jedoch haben bereits mehrere Eltern Verfassungsbeschwerden gegen die Masernimpfpflicht vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erhoben. Eilanträge von Eltern gegen die geltende Masernimpfpflicht hat das BVerfG bereits mit Verweis auf den Grundrechtsschutz einer großen Zahl von Menschen und dem Schutz vor Weiterverbreitung der Masern in der Bevölkerung abgewiesen. Die Entscheidung in der Hauptsache steht allerdings noch aus. „Deutschland ist völkerrechtlich an die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Auslegung durch den EGMR gebunden, weshalb nicht auszuschließen ist, dass das Urteil des EGMR zur Impfpflicht für Kinder in Tschechien auch für die Entscheidung des BVerfG maßgeblich sein dürfte“, so Rechtsanwältin Dr. Schulte zu Sodingen.
Ansprechpartnerinnen für Fragen des Kita- und Schulrechts in unserer Praxis sind die Rechtsanwältinnen Dr. Beate Schulte zu Sodingen, Franziska Wilke und Luisa Wittner.
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