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Kann Agri-Photovoltaik einen sinnvollen Beitrag zur Energiewende leisten?

Photovoltaik (PV) boomt nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. Allein 2020 wurden  ca. 18,7 Gigawatt Leistung neu installiert. Dennoch reicht dieser Beitrag bei Weitem noch nicht aus, um die Ziele der Energiewende zu erreichen. So rechnet das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in seinem Faktenpapier „Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland“ für Deutschland vor, dass neben einer Reihe weiterer Maßnahmen ein massiver Ausbau der installierten PV-Leistung notwendig sei, um den gesamten Energiebedarf weitestgehend aus Erneuerbaren Energien zu decken wie es das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2021) bis spätestens 2050 vorsieht. Bereits 2030 soll der Anteil Erneuerbarer Energien 65 % des Brutto-Stromverbrauchs erreichen. Es müssen daher nicht nur bei der Windenergie, sondern auch bei PV die Ausbauziele deutlich angehoben werden.

Allerdings sind Flächen auch für PV-Anlagen knapp, selbst wenn zuerst die Potenziale auf Dachflächen oder Hauswänden ausgenutzt würden. Immer mehr freie Flächen werden für den Wohnungsbau benötigt. Zugleich ist Deutschland aufgefordert, die Verordnung zum Aufbau des europäischen Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ umzusetzen und große Flächen unter Naturschutz zu stellen. Und nicht zuletzt gerät PV mit der Landwirtschaft und ihrem erheblichen Flächenbedarf zunehmend in Konflikt.

Vor diesem Hintergrund rückt aktuell Agri-Photovoltaik verstärkt in den Blick. Hierbei handelt es sich um PV-Systeme, die landwirtschaftliche Produktion und Stromproduktion auf derselben Fläche ermöglichen. Das bietet eine Reihe von Vorteilen:

  • Bereits heute können große PV-Freiflächenanlagen durch Direktvermarktung ohne finanzielle Förderung wirtschaftlich Strom erzeugen.
  • Agri-PV erhöhet die Flächeneffizienz, weil landwirtschaftliche Flächen erhalten bleiben und zusätzlich Ausbaupotenziale für PV erschlossen werden.
  • Agri-PV bietet Landwirten insbesondere in Gebieten mit geringerer Ertragskraft zusätzliche Einnahmen und fördert so die wirtschaftliche Entwicklung ländlicher Gebiete.
  • Durch die Solarmodule und die damit verbundene Teilverschattung verringert sich die Verdunstung, reduziert sich der Wasserbedarf und werden die Böden besser vor extremen Wetterereignissen wie Hitze oder Starkregen geschützt.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE fordert daher in seinem Leitfaden „Agri-Photovoltaik: Chancen für Landwirtschaft und Energiewende“ Forschung, Industrie und Politik dazu auf, Agri-PV künftig weiterzuentwickeln.

Dennoch scheint der Weg zum großflächigen Einsatz beschwerlich. Vor allem die Politik hält sich mit effektiven Fördermechanismen noch zurück. Zwar wurde die Agri-PV im Rahmen der EEG-Reform 2021 als Teil der zu erprobenden Innovationsausschreibung aufgenommen (§ 28c EEG 2021), was immerhin zeigt, dass der Gesetzgeber sich Gedanken über die Vorteile von Agri-PV macht. Allerdings mit dem für Agri-PV derzeit im EEG 2021 vorgesehenen geringen Ausschreibungsvolumen in Höhe von 50 Megawatt installierter Leistung, für das nach einem Zuschlag Anspruch auf EEG-Vergütung besteht, kann natürlich kein Marktanreiz für umfangreichere Investitionen geschaffen werden. Hier sollte der Bundesgesetzgeber nachsteuern. Außerdem müsste sichergestellt werden, dass die EU-Agrarförderung auch für landwirtschaftliche Flächen gewährt wird, auf denen Agri-PV betrieben wird. Das ist derzeit nicht der Fall.

Darüber hinaus muss das Bauplanungsrecht überarbeitet werden. Danach gehören Freiflächen-PV-Anlagen nicht zum Katalog der privilegierten Vorhaben. Daher können diese Anlagen nur genehmigt und errichtet werden, wenn die Kommunen zuvor einen Bebauungsplan aufgestellt haben. Um hier die Projekte voranzubringen und die Genehmigungsprozesse zu erleichtern, müsste die Agri-PV im Baugesetzbuch gesetzlich privilegiert werden.

 

Meine Empfehlungen:

Agri-PV kann einen wertvollen Beitrag leisten, um den Flächenverbrauch zu reduzieren, indem landwirtschaftliche Nutzung und die Erzeugung klimafreundlicher erneuerbarer Energien kombiniert werden. Sowohl für Landwirte als auch für PV-Unternehmen kann die Zusammenarbeit Vorteile bringen. Damit der Einsatz von Agri-PV bauplanungsrechtlich erleichtert wird und auf langwierige Verfahren zur Aufstellung von Bebauungsplänen verzichtet werden kann, sollte § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BauGB überarbeitet werden. Diese Vorschriften befassen sich mit privilegierten Vorhaben, die der Land- oder Forstwirtschaft oder der gartenbaulichen Erzeugung dienen.

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