Ist die Erhebung von Erschließungsbeiträgen ohne eine klare zeitliche Obergrenze mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar? Diese Frage hat das Bundesverwaltungsgericht jetzt dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt (Az: 9 C 5.17 vom 06.09.2018). Konkret geht es um Erschließungsbeiträge in Höhe von 70.000 Euro, die der klagende Grundstücksbesitzer aus Rheinland-Pfalz zahlen soll. Die entsprechenden Bescheide ergingen jedoch erst 25 Jahre, nachdem mit dem Bau des ersten Teilstücks der Straße, an dem die Grundstücke liegen, begonnen wurde. Dagegen wehrt sich der Eigentümer – bislang ohne Erfolg. Denn das Landesrecht Rheinland-Pfalz ermöglicht es, dass Erschließungsbeiträge zeitlich unbefristet festgesetzt werden dürfen. Zwar verjähren die Beitragspflichten nach § 3 Abs.1 Nr. 4 des Kommunalabgabengesetz Rheinland-Pfalz in Verbindung mit §§ 169,170 der Abgabenordnung vier Jahre nach Entstehen des Anspruchs. Die Verjährungsfrist beginnt aber erst, wenn die öffentliche Widmung der Straße stattgefunden hat. Das kann wie in dem vorliegenden Fall erst Jahre nach der Fertigstellung passieren.
Das Bundesverwaltungsgericht hält eine solche Regelung für unzulässig und verweist auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der eine solche Regelung gegen das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verstößt. Der Gesetzgeber darf es „nicht gänzlich unterlassen, der Abgabenerhebung eine bestimmte Grenze zu setzen“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Die vom Oberverwaltungsgericht Koblenz angenommene Verjährungsgrenze von 30 Jahren nach Eintritt der Vorteilslage entspricht nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht diesen Anforderungen. Dafür fände sich keine hinreichende Grundlage in der Rechtsordnung.
Prof. Dr. Herrmann begrüßt die Klarstellung zur zeitliche Obergrenze für Abgabenerhebungen, die Grundstückseigentümern und Kommunen mehr Rechtssicherheit gibt. Er berät auch Unternehmen und Grundstückseigentümer, die sich als sog. Altanschließer gegen die in Brandenburg verbreitete Abgabenerhebung wehren.
Ansprechpartner für das Kommunalabgabenrecht in unserer Praxis ist Rechtsanwalt Prof. Dr. Klaus Herrmann. Das Thema der zeitlichen Obergrenze für Abgabenerhebungen hat er in Fachaufsätzen und in einem Kommentar zum Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg behandelt.
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