BVerfG verlangt Abwägung der Eindämmungsmaßnahmen mit Grundrechten im Einzelfall

Pauschale Verbote von Versammlungen sind auch in der Corona-Krise nicht verfassungskonform. Vielmehr müssten bei Einschränkungen der vom Grundgesetz geschützten Versammlungsfreiheit auch „die konkreten Umstände des Einzelfalls“ berücksichtigt werden. Das geht aus einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hervor (Az.: 1 BvR 828/20 vom 15.05.2020). In dem konkreten Fall hatte die Stadt Gießen mehrere Versammlungen unter dem Motto „Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen – Schutz vor Viren, nicht vor Menschen“ verboten. Dabei hatte der Veranstalter angegeben, dass die Zahl der Teilnehmer auf ungefähr 30 begrenzt und großzügige Mindestabstände eingehalten würden. Die Stadt erlaubte die Versammlung jedoch nicht und begründete dies mit der  Verordnung der Hessischen Landesregierung zur Bekämpfung des Corona-Virus. Das war aber nach Auffassung des BVerG nicht zulässig. “Die Versammlungsbehörde hatte unzutreffend angenommen, die Verordnung der Hessischen Landesregierung enthalte ein generelles Verbot von Versammlungen von mehr als zwei Personen, die nicht dem gleichen Hausstand angehören”, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts.  Daher habe sie die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit verletzt, weil sie nicht beachtet habe, dass zu deren Schutz ein Entscheidungsspielraum bestehe.

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