Ein Dienstherr muss sofort mit niederschwelligen Disziplinarmaßnahmen auf Beamtinnen und Beamte einwirken, wenn diese zu spät zur Kernarbeitszeit erscheinen. Es gilt auch in diesen Fällen zunächst das Verhältnismäßigkeitsgebot. Das geht aus einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) hervor (Az.: 2 C 20.21 vom 28.03.2023). In dem vorliegenden Fall hatte ein Oberregierungsrat seinen Dienst zwischen 2014 und 2018 an 816 Tagen bewusst erst nach Beginn der Kernarbeitszeit angetreten. Der Umfang seiner Verspätungen summierte sich auf 1.614 Stunden. Der Dienstherr leitete deswegen Ende November 2015 ein Disziplinarverfahren ein; 2018 erhob er eine Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht, worauf der Beamte aus dem Beamtenverhältnis entfernt wurde. Das BVerwG hob nun die Revision des Beklagten und die Urteile der Vorinstanzen auf und stufte den Oberregierungsrat eine Besoldungsstufe zurück. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme hielt das Gericht für nicht gerechtfertigt. Tägliche Verspätungen können nicht mit monatelangem unerlaubten Fernbleiben vom Dienst gleichgesetzt werden, lautet die Argumentation. Angemessen wäre gewesen, gleich nach dem Bekanntwerden der morgendlichen Verspätungen „zeitnah mit einer Disziplinarverfügung die Dienstbezüge zu kürzen“, gibt das Gericht vor.
Ansprechpartner in unserer Praxis für Fragen des öffentlichen Dienstrechts sind die Rechtsanwälte Prof. Dr. Klaus Herrmann , Dr. Stephan Berndt sowie Rechtsanwältin Kristina Gottschalk, LL.M.oec.
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