Öffentliche Auftraggeber sind grundsätzlich dazu verpflichtet, einen unterlegenen Bieter vor einem sinnlosen Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer zu schützen. Das geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz hervor (Az.: Verg 5/20 vom 26.08.2020). Der Entscheidung lag ein EU-weites Vergabeverfahren von Bauleistungen zu Grunde.
Nach der Angebotsprüfung schloss der Auftraggeber das erst- sowie zweitplatzierte Angebot aus dem weiteren Verfahren aus. Grund hierfür war in beiden Fällen der gleiche Mangel bei der Eignung. Der zweitplatzierte Bieter rügte und leitete anschließend ein entsprechendes Nachprüfungsverfahren gegen den Ausschluss ein. Erst im Nachprüfungsverfahren stellte sich heraus, dass der Bieter nur den zweiten Platz belegt hatte und folglich auch bei einer Zurücknahme des Angebotsausschlusses den Zuschlag nicht erhalten hätte. Im Beschwerdeverfahren gegen die anschließende Kostenentscheidung entschied das Oberlandesgericht, dass der Auftraggeber in seiner Nichtabhilfemitteilung dem Bieter hätte mitteilen müssen, dass er aus den gleichen Gründen wie der erstplatzierte ausgeschlossen worden war. Diese Pflicht ergibt sich aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis, welches zwischen den Bietern und einem Auftraggeber im Vergabeverfahren entsteht. Insoweit war der Auftraggeber verpflichtet, den Bieter vor einer entsprechenden Selbstschädigung in Form eines von vornherein erfolglosen Nachprüfungsverfahrens zu bewahren. „Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr das Spannungsverhältnis zwischen dem vergaberechtlichen Grundsatz des Geheimwettbewerbs auf der einen Seite und der zivilrechtlichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Güter der Bieter“, kommentiert Rechtsanwalt Janko Geßner. Nach Auffassung von Rechtsanwalt Philipp Buslowicz muss der Auftraggeber im Falle einer Rüge genau prüfen, welche Informationen er mit dem Bieter teilt und welche Auswirkungen dies auf das weitere Verhalten des Bieters haben kann.
Ansprechpartner für alle Fragen des Vergabe- und privaten Baurechts in unserer Praxis sind Rechtsanwalt Janko Geßner, Rechtsanwältin Madeleine Riemer, Rechtsanwältin Dr. Janett Wölkerling, M. mel. und Rechtsanwalt Philipp Buslowicz, LL.M..
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