Nachbarn können sich nicht gegen Baurechtsverstöße des anderen wehren, wenn sie selbst in gleichem Umfang gegen die Vorschriften verstoßen haben. Den Grundsatz „Wie Du mir, so ich dir“, der bisher bei wechselseitigen Abstandsflächenverstößen angewandt wurde, hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg nun auch auf Verstöße gegen Bebauungspläne übertragen (Az.: 10 B 10.15 vom 30.06.2017). In dem entschiedenen Fall sah der Bebauungsplan als tragendes Grundkonzept eine zurückhaltende Bebauung mit einer Vollgeschosszahl von zwei und eine Baumassenzahl von 1,0 vor. Der Vorbescheid stellte jedoch dem Bauherrn eine Bebauung mit fünf Vollgeschossen und zwei Dachgeschossen und einer Baumassenzahl von 4,3 in Aussicht. Dagegen klagte der Nachbar, der auf seinem Grundstück selbst ein Gebäude mit drei Vollgeschossen und zwei weiteren Dachgeschossen errichtet hatte.
In diesem Fall gab das Gericht der Klage des Nachbarn statt, weil sein Verstoß nicht vergleichbar mit dem des Bauherrn war. Der Nachbar habe nur die Vollgeschosszahl um ein Vollgeschoss überschritten und damit – anders als der Bauherr – nicht gegen das tragende Grundkonzept des Bebauungsplans verstoßen, argumentierte das Gericht. „Die Praxis zeigt, dass Nachbarklagen gar nicht so selten mit dem Grundsatz „Wie du mir, so ich dir!“ abgewendet werden können. Dies gilt deshalb, weil es nicht darauf ankommt, ob der Nachbar Schuld an dem Rechtsverstoß hat, sondern nur, ob das Gebäude objektiv baurechtswidrig ist“, erklärt Rechtsanwältin Dr. Lisa Teichmann.
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Ein Kommentar zu “OVG sorgt für mehr Klarheit bei Nachbarklagen”